Falschmeldungen über Bio-Landwirtschaft im Umlauf

Vor kurzem wurden vom Europäischen Statistischen Zentralamt (Eurostat) Zahlen zur Entwicklung der Menge an verkauften Pestiziden in den Mitgliedsländern veröffentlicht. Darin wurde erwähnt, dass die Menge der verkauften Pestizide in Österreich zwischen 2011 und 2018 um 53% zugenommen hat. Nachrichtenagenturen und Medien in Österreich berichteten darüber.

© Bio Ernte Steiermark

Leider wurden durch eine Reihe von Fehlinterpretationen letztendlich Schlagzeilen produziert, die zu Fehlannahmen führen können. Etwa, dass die zunehmende Bio-Landwirtschaft für den Anstieg der Verkäufe von Pestiziden in Österreich verantwortlich sei. Das ist allerdings nicht korrekt. BIO AUSTRIA stellt sich entschieden gegen derartige Falschdarstellungen.

Die Tücken der Statistik

Der Anstieg in der Statistik basiert auf einer neu eingeführten Kategorie in der Statistik des nationalen „Grünen Berichts“ des Landwirtschaftsministeriums. Im Jahr 2016 wurde dort eine neue Kategorie „sonstige Insektizide einschließlich Kohlendioxid“ * eingeführt. Da diese Kategorie vorher nicht existierte, kommt es in der Statistik zu einem Anstieg von Insektiziden von 157 Tonnen im Jahr 2011 auf 1.516 Tonnen im Jahr 2018 – und somit auch in den Eurostat-Zahlen, die auf Basis der nationalen Werte veröffentlicht werden. Ohne Erläuterung könnte allerdings der falsche Eindruck entstehen, dass eine große Mehrmenge an Insektiziden in Verkehr gebracht wurde.

„Damit wäre die Sache eigentlich schon aufgeklärt. Doch leider wurde gegenüber Medien der über den falsch interpretierten statistischen Zuwachs hinausgehende Anstieg unberechtigter Weise der Bio-Landwirtschaft zugeschrieben“, erklärt BIO AUSTRIAPressesprecher Leithner.

Unter anderem ist dieser statistische Anstieg auf den Einsatz anorganischer Fungizide auf naturstofflicher Basis, wie etwa Kupfer und Schwefel, zurückzuführen. „Diese Stoffe werden sowohl im Bio-Landbau als auch – unter anderem aufgrund von zunehmenden Resistenzen gegen chemisch-synthetische Mittel – immer öfter in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt. Es gibt keine Zahlen darüber, in welchem Ausmaß Kupfer oder Schwefel im Bio-Landbau und im konventionellen Landbau eingesetzt werden. Daher ist auch ein Rückschluss darauf, dass Bio alleine für den Anstieg verantwortlich zeichnet, nicht zulässig“, betont Leithner.

Bio-Landbau ist frei von chemisch-synthetischen Spritzmitteln

Ein wesentliches Grundprinzip der biologischen Landwirtschaft ist der Verzicht auf chemisch- synthetische Pflanzenschutzmittel. Dadurch gehen Biobauern und Biobäuerinnen einen grundsätzlich anderen Weg in der Landbewirtschaftung: Es werden primär vorbeugende Maßnahmen gesetzt – wie die Wahl robuster, standortangepasster Sorten oder vielfältige Fruchtfolgen, um die Gesundheit der Pflanzen zu stärken. Treten dennoch Schädlinge oder Krankheiten auf, setzen wir Biobauern und Biobäuerinnen auf Nützlinge oder Mittel auf Basis natürlicher Substanzen. Es werden ausschließlich pflanzliche und tierische Substanzen (wie z.B. Knoblauchextrakt, Neembaum- Öl, Schaffett), Mikroorganismen und andere Substanzen natürlichen Ursprungs (etwa Kupfer und Schwefel) eingesetzt.

Keine Pflanzenschutzmittel auf über 90% der biologischen Flächen notwendig

Nur ein kleiner Bruchteil der durch das BAES zugelassenen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe dürfen auch in der biologischen Landwirtschaft eingesetzt werden. Und diese werden nur auf etwa 6 bis 7 % der Bio-Fläche ausgebracht. Auf deutlich über 90 % der Bio-Flächen werden überhaupt keine „Pflanzenschutzmittel“ angewandt.

* Kohlendioxid wird nicht direkt in der Landwirtschaft eingesetzt, sondern in der Lagerhaltung zur Gesundhaltung von Getreide und zur Abwehr von Lagerschädlingen in geschlossenen Räumen. Kohlendioxid findet sich in der Statistik des Jahres 2011 nicht, weil es zu diesem Zeitpunkt nicht erfasst wurde. Würde man die Zahlen des Jahres 2018 um die Menge „sonstiger Pflanzenschutzmittel – im Wesentlichen CO2“ bereinigen, käme man auf eine Menge von 3.777 Tonnen – kaum mehr als 2011.