Biodiversität in Österreich: Von Gewinnern und Verlierern

© Norbert Sauberer
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Abseits lauter Schlagzeilen ist es wohl jedem Menschen, der viel in der Natur ist oder sogar beruflich mit ihr zu tun hat, bewusst: Es ändert sich was in der Landschaft!

Vielerorts sind Raine, Hecken und bunte Wiesen verschwunden, neue Pflanzen und Tiere tauchen auf, andere sieht man seltener oder gar nicht mehr. Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail. Wenn man vom Artenrückgang spricht, so ist das nur teilweise richtig. Während auf vielen Inseln, nach der Erstankunft des Menschen, zahlreiche Arten komplett, also weltweit zum Aussterben gebracht wurden, ist es in Österreich, das von einer großen Landmasse umgeben ist, anders. Arten, die bei uns durch direkte Verfolgung oder durch Lebensraumzerstörung ausgerottet wurden, fanden fast immer Zuflucht in dem einen oder anderen Nachbargebiet. So zeigt die Wiedereinwanderung des Kaiseradlers, dass ein einmal erfolgter regionaler Artenverlust durchaus wieder rückgängig gemacht werden kann.

Verlust an Individuen

In Österreich gelten bisher nur einige wenige Arten im ganzen Bundesgebiet als ausgestorben. Was wir jedoch seit Jahrzehnten erleben, ist ein enormer Verlust an Individuen und Populationen vieler typischer Arten des Agrarlandes. Der Farmland Bird Index wird sowohl auf österreichischer als auch auf europäischer Ebene erhoben. Damit ist (leider) der teils dramatische Rückgang vieler Vogelarten der Agrarlandschaft, wie etwa von Rebhuhn, Feldlerche und Bluthänfling, statistisch gut abgesichert. Ähnliches gilt für die Wiesen-Schmetterlinge: Hier wurde ein Rückgang auf europäischer Ebene von fast 40 % an Individuen und Populationen seit dem Jahr 1990 festgestellt. Gerade bei den Wiesen haben die Einführung der Güllewirtschaft und die damit verbundene Erhöhung der Schnitthäufigkeit zu einem dramatischen Rückgang der Pflanzen- und Tiervielfalt geführt. Statt wie früher ein Mosaik aus intensiven, weniger intensiven und extensiven Wiesen zu haben, gibt es heutzutage fast nur mehr intensiv bewirtschaftete Wiesen.

Mehr Betriebe bringen Vielfalt

Ein oft vergessener Grund für den Verlust an Vielfalt in der Agrarlandschaft ist der Rückgang an landwirtschaftlichen Betrieben, denn früher ist allein durch die größere Anzahl von Betrieben ein vielfältigeres Mosaik von Lebensräumen entstanden. Selbst wenn der Bewirtschaftungs- oder Erntetermin nur um ein paar Tage verschoben ist, dann können Tiere davon profitieren. Im Weinbau gibt es, zumindest in Österreich, noch immer verhältnismäßig kleine Strukturen mit vielen Betrieben. Zudem hat sich in den letzten Jahren vielerorts eine naturnähere Bewirtschaftung durchgesetzt. Zahlreiche Betriebe haben auf Bio-Weinbau umgestellt. Erfreulicherweise ist dadurch die Artenvielfalt vieler Organismengruppen, wie dies gerade erst anhand der Wildbienen aufgezeigt wurde, in Weinbaugebieten besonders hoch.

Es gibt aber auch andere Gewinner, denn durch den laufenden Klimawandel wandern immer mehr wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten ein, ganz zu schweigen von Arten, die durch den internationalen Warenverkehr weltweit verbreitet werden. Viele aus Amerika oder Ostasien stammende Hirse- oder Amarant-Arten haben sich mittlerweile dauerhaft in Österreich etabliert. Ob wir es wollen oder nicht: Ragweed und Staudenknöterich sind gekommen, um zu bleiben.

Autor: Dr. Norbert Sauberer, Institut für Naturschutzforschung und Ökologie, Wien