Blühstreifen in Obstanlagen

© Kienzle
©Kienzle

Für die Begrünung von Obstanlagen eignen sich auch Blühstreifen. Sie sind wertvoller Lebensraum für Nützlinge und eine wichtige Maßnahme, um die Biodiversität auf Bio-Betrieben zu erhöhen.
Obstanlagen werden oft als Monokulturen bezeichnet. Dies muss nicht sein, denn die Bodenvegetation bietet viele Möglichkeiten. Bio-Betriebe haben diesbezüglich schon Erfahrungen gesammelt und Ansätze erarbeitet wie Blühstreifen in ihre Anlagen zu integrieren sind, z.B.:

Nützlinge fördern

Blühstreifen sind für Nützlinge attraktiv:
Leicht zugänglicher Nektar und Pollen Einige Blattlausräuber wie zum Beispiel Schwebfliegen, Florfliegen oder Schlupfwespen und viele Parasitoide, die z.B. als Gegenspieler des Schalenwicklers oder des Apfelwicklers von Bedeutung sind, ernähren sich als erwachsene Tiere von Nektar und Pollen. Da sie nur einen kurzen Rüssel haben, können sie diese Nahrung nur von „offenen“ Blüten aufnehmen. Daher werden unter anderem gezielt Pflanzenarten ausgewählt, die offene und für diese Insekten attraktive Blüten haben.

Alternatives Nahrungsangebot Viele Blüten der Pflanzen im Blühstreifen sind für Nützlinge attraktiv. Sind sie von Blattläusen befallen, locken sie zusätzlich Räuber an.

Struktur und Lebensraum Die hohe Vegetationsstruktur bietet Lebensraum für viele Arten. Marienkäfer, aber auch Weichkäfer sind Blattlausräuber, die oft in dieser Vegetation beobachtet werden können.

Nahrungsangebot für Bestäuber

Blühstreifen stellen für Bestäuber, wie zum Beispiel Wildbienen oder Hummeln, Nahrung und Lebensraum bereit und füllen für Honigbienen Lücken in der Nahrungsverfügbarkeit, besonders im Spätsommer. Deshalb werden speziell für diese Insekten ausgesuchte Pflanzenarten wie verschiedene Schmetterlingsblütler oder die Braunelle in die Blühstreifen integriert. Wichtig ist, dass möglichst lange und gleichmäßig ein Blütenangebot zur Verfügung steht. Denn einige dieser Arten sind nicht besonders mobil und können keine weiten Entfernungen zur Nahrungssuche zurücklegen. Wird gemulcht, sollte dies daher nach Möglichkeit immer nur auf Teilflächen erfolgen.

Artenvielfalt erhöhen

Darüber hinaus können Blühstreifen Nahrung und Lebensraum für viele weitere Arten bereitstellen und so zur Erhöhung der Artenvielfalt in Obstanlagen beitragen. In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, dass für die Einsaat von Wildpflanzen nur zertifiziertes, regionales Saatgut verwendet wird. Dadurch wird vermieden, dass die regionale Flora durch Genotypen, die aus anderen Regionen stammen, verfälscht wird.

In Deutschland werden Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität in Obstanlagen seit Juni 2016 in einem bundesweiten Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt validiert und optimiert. Das Verbundprojekt wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie von mehreren Bundesländern (BaWü, RP, NRW, HH, NS, SA) gefördert. Im Projekt werden derzeit Saatmischungen getestet, eine erste Empfehlung wird Ende 2019 erfolgen.

Blühstreifen am Rand

Für die Aufwertung von Flächen entlang von Zäunen oder am Anlagenrand gibt es verschiedene Varianten:

Mehrjähriger Hochstaudensaum aus Wildstauden Dieser kann ab dem zweiten Jahr mehrere Jahre lang über die ganze Saison ein Blütenangebot bereitstellen und wird nur einmal jährlich abgemulcht. Wenn er erst im Frühjahr gemulcht wird, können Samenstände auch Winterquartiere für verschiedene Arten sein oder Nahrung für Vögel bieten. In diesem Fall ist aber eine regelmäßige Feldmauskontrolle durchzuführen. In Befallslagen ist ein Mulchtermin im Spätherbst vor Frostbeginn anzuraten.
Die Eignung verschiedener Arten wird derzeit noch getestet. Bei handelsüblichen Mischungen sollte darauf geachtet werden, dass keine Ackerkratzdisteln oder Sauerampfer enthalten sind. Ebenfalls nicht bewährt haben sich Wilde Karde und Rainfarn, da sie nach einigen Jahren sehr dominieren können.

Mehrjähriger Blühstreifen mit Wildkräutern Wer den Rand- oder Zaunstreifen nicht ganzjährig stehen lassen will, sollte sich eine Mischung zusammenstellen lassen, die zwei- bis dreimal gemulcht werden kann, ähnlich einer Streuobstwiese. Allerdings muss das Mulchen dann auch durchgeführt werden, sonst vergrast der Streifen schnell. Es ist also wichtig, vor der Auswahl der Pflanzenarten zu planen, wie der Blühstreifen bewirtschaften werden soll. Auch mit diesem Blühstreifen kann ab dem zweiten Jahr über mehrere Jahre ab Anfang Mai bis Ende September ein durchgehendes Blütenangebot erreicht werden.

Einjährige Blühstreifen aus Kulturpflanzen Sogenannte Bienenweidemischungen aus Pflanzen wie Phacelia, Ölrettich, Buchweizen sind ebenfalls möglich. Während die vielfältigen Wildpflanzenmischungen vielen Insekten Nahrung und Lebensraum bieten, die auf ganz bestimmte Wildpflanzenarten angewiesen sind, sind diese Mischungen eher unspezifische Lieferanten von Nektar über einen meist kürzeren Zeitraum. Wenig spezialisierte Insektenarten und Honigbienen sind aber auch dafür sehr dankbar.
Manche Betriebe säen auch optisch sehr attraktive Mischungen aus Zierpflanzen aus der Stadtbegrünung ein, die zwar das ganze Jahr blühen, oft aber blütenbesuchenden Insekten keine zusätzliche Nahrungsquelle bieten.
Die einjährigen Blühstreifen müssen jedoch jedes Jahr frisch angesät werden, was einen nicht unerheblichen Arbeits- und Energieaufwand bedeutet.

Blühstreifen in der Fahrgasse

Werden Blühstreifen in der Fahrgasse zwischen den Fahrspuren etabliert, wird eine ungleich größere Flächenwirkung erzielt. Für die Fahrgasse ist ein mehrjähriger Blühstreifen mit Wildkräutern, der zwei- bis dreimal gemulcht wird, sinnvoll. Es empfehlen sich hier Kräuter (z.B. Rossetten-bildende Arten), die mehrfaches Mulchen vertragen. Es ist absolut davon abzuraten, einen Blühstreifen in der Fahrgasse als Hochstaudensaum anzulegen und ganzjährig nicht zu mulchen. Dies birgt einerseits Risiken im Nagermanagement in der Obstanlage und andererseits vergrast der Blühstreifen schnell. Ein zusätzliches Risiko für Mausbefall entsteht, wenn nicht nur der schmale Blühstreifen, sondern die Vegetation der ganzen Fahrgasse hoch stehen gelassen wird.
Inzwischen gibt es erste Mulchgeräte, die beim Mulchen diesen Streifen je nach Bedarf aussparen oder mit mulchen können, so dass nur ein schmaler Streifen hohe Vegetation stehen bleibt. Der Haupt-Blühaspekt der Streifen erstreckt sich bei entsprechender Pflanzenauswahl und alternierendem Mulchregime von Ende Mai bis September.

Wie die Anlage gelingt

Die Bodenvorbereitung ist von zentraler Bedeutung. Das Saatbett muss feinkrümelig sein und nach dem Auflaufen der Samenunkräuter nochmals bearbeitet werden. Eingesät werden kann maschinell oder von Hand. Wichtig ist immer, dass das Saatgut nur oberflächlich aufgebracht wird, denn fast alle Arten sind Lichtkeimer. Bei einer normalen Sämaschine sollten daher die Schare hochgestellt werden. Nach der Einsaat sollte das Saatgut sofort mit einer flachen Walze angedrückt werden.
Im Allgemeinen enthalten die Mischungen einen sogenannten Auflaufschutz, also schnellkeimende Arten wie Buchweizen oder Kresse, die den Boden beschatten und unerwünschte Beikräuter am Keimen hindern sollen. Sind diese Arten und/oder auch das aufgelaufene Beikraut etwa 20 cm hoch, muss unbedingt geschröpft werden. Dabei wird ca. 10 cm über dem Bo((den abgemulcht, so dass die schnell auflaufenden Pflanzen zurückgedrängt werden, die Blattrosetten der inzwischen gekeimten Wildkräuter aber nicht beschädigt werden. Je nach Aufwuchs kann ein zweites Schröpfen erforderlich sein, bevor zum geplanten Mulchregime übergegangen werden kann.

Geduld ist wichtig

Die meisten mehrjährigen Pflanzen blühen nicht im ersten Jahr. Der Blühstreifen ist also meist erst im zweiten Jahr ein richtiger Blühstreifen. Dann wird es im Normalfall zu einer Abfolge der Pflanzenarten kommen, zum Beispiel blüht Wilde Möhre typischerweise sehr üppig im zweiten Jahr, Wegwarte im dritten Jahr, bis sich dann eine Pflanzengesellschaft etabliert.
Mittelfristig etabliert sich eine Art „bunter Wiese“ in der Fahrgasse, die für viele Arten sehr wertvoll ist.

Autoren:

Jutta Kienzle und Alfons Krismann, Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V., Universität Hohenheim

Mehr Infos zum laufenden Projekt unter https://biodivobst.uni-hohenheim.de/projektteiloeko.html