Düngung im Bio-Grünland

© Hermle
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Gehen die Erträge im Grünland zurück, liegt meist kein Mangel an Nährstoffen vor. Es lohnt sich, einen Blick auf das gesamte System zu werfen.Immer wieder klagen biologisch wirtschaftende Futterbaubetriebe über mangelnde Erträge, vor allem im Grünland. Spätestens, wenn die Ergebnisse zu Bodenuntersuchungen vorliegen, wird eine mögliche Ergänzungsdüngung in Erwägung gezogen. Mangelnde Erträge werden dann meist mit einem Nährstoffmangel erklärt. Liegen die Ursachen aber wirklich in einer schlechten Nährstoffversorgung des Futterbaubetriebes?

Im biologischen Landbau geht es darum, Phänomene, die beobachtet werden, aus ganzheitlicher Sicht zu betrachten. Die Nährstofftheorie „Das Wachstum der Pflanze wird durch den Nährstoff begrenzt, der sich im Minimum befindet“ (Justus von Liebig, 1803 – 1873) kann bei Ertragsrückgängen nur einen Aspekt bei der Problembehandlung darstellen. Genauso müssen Aspekte der Bodenchemie, der Bodenphysik und der Bodenbiologie berücksichtigt werden.

Bodenchemie beurteilen

Zur Beurteilung der Bodenchemie müssen einige Grundlagen beachtet werden:
• Kalium ist zu 99 % im Ton/Gestein gebunden
• Phosphor ist zwischen 25 bis 85 % organisch gebunden
• Stickstoff ist zu über 95 % organisch gebunden
• Schwefel ist organisch und mineralisch gebunden und unterliegt ständigen Umwandlungsprozessen
• Die natürliche Bodenbildung gleicht im Grünland die Bodenerosion aus
• Im Ackerbau kann Bodenerosion zu Nährstoffverlusten führen

Die natürlichen Reserven der wichtigsten Nähstoffe sind insbesondere im Grünland auf Grund der hohen Humusgehalte beachtlich. Jährlich werden etwa 100 bis 160 kg Stickstoff (N), 10 bis 50 kg Phosphor (P) und 80 bis 140 kg Kalium (K) aus den Reserven nachgeliefert.
Über den Zukauf von Stroh, Futtermitteln, Mineralstoffen und Saatgut werden dem Betrieb Nährstoffe zugeführt.
Außerdem kommt es durch Leguminosen zu einer natürlichen Fixierung von Luftstickstoff, der dem Betriebskreislauf zur Verfügung steht.
Allerdings verlassen über Milch, Fleisch, pflanzliche Marktprodukte und über Nährstoffverluste durch Auswaschung und bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern wichtige Nährstoffe den landwirtschaftlichen Betrieb.
Untersuchungen aus Österreich zeigen (Steinwidder und Guggenberger 200), dass Futterbaubetriebe (Milchviehbetriebe) nahezu ausgeglichene Nährstoffkreisläufe bei den Hauptnährstoffen haben.

Stickstoff Tendenziell haben Futterbaubetriebe einen ausgeglichenen N-Kreislauf. Da sich cirka 85 % des N im innerbetrieblichen Kreislauf befindet, reicht ein moderater Zukauf von Futtermitteln aus, damit ein ausgeglichener N-Haushalt entsteht. Der Anbau von Leguminosen im Feldfutterbau und die Förderung von Leguminosen im Grünland sind für einen ausgeglichenen N-Haushalt daher sehr wichtig.

Kalium Der K-Haushalt im Futterbaubetrieb ist in der Regel positiv. Kalium wird kaum ausgewaschen und es gibt keine luftförmigen Verluste. Der Boden liefert ständig Kalium nach, Futterzukäufe ergänzen den durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten entstehenden Verlust. Auf sehr sandigen Böden mit geringem pH-Wert kann es allerdings zu Kaliummangel kommen. Im Bio-Landbau zugelassene Kalirohsalze schaffen hier Abhilfe.

Phosphor Futterbaubetriebe haben auch beim Phosphor in der Regel nur geringe negative Salden. Der Zukauf von Futtermitteln und Mineralfuttermitteln ist eine wichtige P-Quelle. Die mineralische Ergänzungsdüngung mit zugelassenen Rohphosphaten ist fragwürdig. Weltweit sind die P-Reserven stark begrenzt und die Belastung der P-Düngemittel mit Schwermetallen ist nicht unerheblich. Bei P-Mangel sind daher Grüngutkomposte zur Ergänzungsdüngung in Erwägung zu ziehen. Mittel- und langfristig sind aber dringend Lösungen für die P-Verluste in der Landwirtschaft zu erarbeiten. Ein dauerhafter P-Transfer aus Ackerbau- in Futterbaubetriebe kann keine langfristige Strategie sein. Der Einsatz von Rohphosphaten soll nur akute Mängel beseitigen.

Schwefel Bis Anfang der 90er Jahre war die Versorgung der landwirtschaftlichen Böden in Mitteleuropa mit S durch den atmosphärischen Eintrag sehr gut. Seit der Filterung von Rauchgasen aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen ist dieser sehr stark zurückgegangen. S ist in seiner wasserlöslichen Form auswaschungsgefährdet und kann so auf leichten, durchlässigen und geneigten Böden in Mangel geraten. Leguminosen haben für die symbiontische N-Fixierung einen erhöhten Bedarf an S. Insbesondere im Kleegras kann es deshalb bei einer S-Düngung zu deutlichen Mehrerträgen kommen. Im Grünland sind die Effekte geringer, können aber auf Einzelflächen erheblich sein. Aussagen über einen Schwefelbedarf geben 10 x 10 m große Düngefenster mit wasserlöslichem Schwefel sowie die Analyse von Futterproben.

Hier gilt: Rohproteingehalt x 0,16/S-Gehalt sollte kleiner gleich 12 ergeben. Bei Ergebnissen über 12 liegt ein S-Mangel vor. Schwefel kann in Form von elementarem Schwefel oder zugelassenen schwefelhaltigen Rohsalzen und als Gips gedüngt werden. Insbesondere bei der Düngung mit Gips haben Grünlandbetriebe in Bayern teilweise beachtliche Ertrags- und Qualitätssteigerungen erzielt.

Spurenelemente Die meisten Spurenelemente sind in ausreichender Menge vorhanden. Liegt der Betrieb in einem Selen-Mangelgebiet, sollte Selen über ein Mineralfutter grundsätzlich ergänzt werden.

pH-Wert Der pH-Wert sollte bei leichten und anmoorigen Böden zwischen 5,2 und 5,6 und bei mittleren und schweren Böden zwischen 5,8 und 6,5 liegen. Böden aus kalkhaltigem Ursprungsmaterial benötigen meist keine Kalkung. Hier reicht die organische Düngung, da Regenwürmer mit ihrem Kot, der kalkhaltiges Material enthält, den pH-Wert stabil halten. Für andere Böden gilt, dass man durch regelmäßige Kalkung von 1 bis 2 t Kalk pro Hektar den pH-Wert stabil hält.

Bodenphysik und Strukturschäden

Die Intensivierung der Grünlandbewirtschaftung durch häufigere Schnittnutzung sowie deutlich schwerere Maschinen setzen vielen Böden zu. Die Folge sind zunehmende Bodenverdichtungen und Strukturschäden des Bodengefüges, unerwünschte Pflanzen nehmen zu.
Folgende Maßnahmen zur Vermeidung von Bodenverdichtungen sind wichtig:
• Nur abgetrocknete Flächen bewirtschaften
• Eventuell Nutzungshäufigkeit reduzieren
• Gräben und Drainagen in Stand halten
• Einsatz moderner Regeltechnik beim Reifendruck einsetzen

Die Bodenbiologie als Basis

Als Grundsatz des ökologischen Landbaus gilt, dass nicht die Pflanzen, sondern das vielfältige Bodenleben durch die Düngung ernährt wird. Das Bodenleben dient sozusagen als „Verdauungsorgan“ und stellt bei den Umbauprozessen den Pflanzen die Nährstoffe zur Verfügung. Auf 1 m2 Wiese und einer Bodentiefe von 80 cm leben demnach Bodenorganismen mit einem Gewicht von etwa 1000 g. Auf einen Hektar hochgerechnet, entspricht dies etwa 20 GV, die es zu ernähren gilt.
Die Aufgabe des Landwirts ist es, die im Stall anfallenden Nährstoffe mit möglichst geringen Lager- und Ausbringverlusten den Bodenorganismen zur Ernährung zur Verfügung zu stellen.

Gülle Bei der Güllewirtschaft finden die meisten Nährstoffverluste bei der Ausbringung statt. Die Verdünnung mit Regenwasser reduziert den pH-Wert in der Gülle und führt zu einer deutlich reduzierten Ausgasung von Ammoniak. Gülle sollte bei feucht-kühler Witterung oder in den Abendstunden ausgebracht werden. Vor Starkregenereignissen sollte eine Gülleausbringung unterbleiben. Insbesondere Phosphor ist bis zu 10 Tage auswaschungsgefährdet. Die bodennahe Ausbringungstechnik reduziert N-Verluste signifikant, ein überbetrieblicher Einsatz dieser Technik sollte geprüft werden.

Festmist Beim Festmist entstehen die meisten Nährstoffverluste bei der Lagerung. Wird ein Stall entmistet und der Mist zwischengelagert, sollte ein erstes Aufsetzen auf einer Platte mit Anschluss an eine Güllegrube erfolgen, da durch den Pressdruck wasserlösliche Nährstoffe aus dem Mist entweichen. Während der entstehenden Heißphase nach dem Aufsetzen des Mistes, sollte der Mist nicht bewegt werden, da sonst gasförmige N-Verluste vermehrt auftreten. Wird Mist auf eine Miete aufgesetzt, sollte durch die Bildung einer Dammform das Eindringen von Wasser verhindert werden. Nach der Heißphase kann der Mistkompost mit einem Flies, das den Gasaustauch zulässt, aber verhindert, dass zu viel Wasser in den Kompost eindringt, abgedeckt werden. Die Festmistdüngung im Herbst hat sich in der Praxis bewährt. Idealerweise erfolgt diese noch vor Beginn der Vegetationsruhe, um den vorhandenen Ammoniumstickstoff noch in Pflanzenwachstum umzusetzen.

Weidehaltung Weidehaltung ist die einfachste Form der Düngung und um Nährstoffverluste zu vermeiden. Durch einfache Managementmaßnahmen beim Zaunbau wird zudem verhindert, dass sich Nährstoffe an Lagerplätzen der Tiere zu sehr anreichern.

Aus der Beratungspraxis im Süden Bayerns zeigt sich, dass die Grünland- und Futterbaubetriebe bei einem regelmäßigen Zukauf von Futter, Mineralfuttermitteln und Einstreu einen meist ausgeglichenen Nährstoffhaushalt haben. Ertragsrückgänge sind meist auf Bewirtschaftungsfehler zurück zu führen. Zur Nährstoffmobilität ist auf die Einhaltung eines optimalen pH-Wertes zu achten und Bodenverdichtungen sind zu vermeiden. Bei der Lagerung und Ausbringung der hofeigenen Düngemittel sollen möglichst wenig Nährstoffverluste entstehen.

Langfristige Konzepte

Trotz aller Bemühungen, Nährstoffkreisläufe möglichst zu schließen, bleibt das Problem, dass über menschliche Ausscheidungen und entsorgte Lebensmittel dem landwirtschaftlichen Kreislauf wichtige Nährstoffe entzogen werden. Insbesondere der Verlust an Phosphor ist zu erwähnen. Hier braucht es dringend vermehrte Anstrengungen von Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunen und Verbrauchern, damit diese Nährstoffe wieder gewonnen werden und zur Produktion von Lebensmitteln zur Verfügung stehen.

Autor:

Dipl. Ing. agr. Martin Hermle, Bioland Erzeugerring Bayern e. V.