Ein Beitrag – viele Fragen: BIO AUSTRIA klärt auf

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Kommentar zum Artikel „Warum Bio-Fleisch nicht besser für das Klima ist“ auf moment.at

Ein Artikel, der Fragen aufwirft, anstatt diese zu beantworten.

Denn hier geraten einige Aspekte in Bezug auf die Klimakrise bzw. die Auswirkungen unterschiedlicher Faktoren auf dieselbe durcheinander bzw. werden unzulänglich dargestellt. Für LeserInnen bleibt da wenig übrig, mit Ausnahme der reißerischen, aber unbelegten Aussage, wonach Bio für das Klima schlecht wäre.

Bei der Klimakrise bzw. Klimawirkungen handelt es sich um ein äußerst komplexes Gebiet das sich aus vielfältigen Faktoren zusammensetzt.

Vereinfachung komplexer Inhalte führt leicht zu falschen Rückschlüssen

Komplexitätsreduktion ist daher ein wichtiges Merkmal zur Begreifbarmachung der Klimakrise. Das ist nicht einfach, zugegeben. Aber gerade, wenn man den Anspruch hat, komplexe Zusammenhänge zu erklären, hat man auch die Verantwortung, das Ergebnis nicht durch Auslassung, Übersimplifizierung oder Ungenauigkeiten zu verfälschen.

In diesem Artikel geschieht das allerdings in Bezug auf die biologische Landwirtschaft. Diese wird – je nach Lesart, einmal durch die Bio-Viehhaltung speziell oder auch generell – als klimaschädlich dargestellt. Das ist falsch – und es gäbe genügend wissenschaftliche Studien, die man ebenso hätte zitieren können, die diese Meinung widerlegen. Allerdings hat man sich hier gezielt einseitig informiert – oder zumindest einseitig zitiert.

Es besteht kein Zweifel daran, dass sich der weltweit zu hohe Fleischkonsum negativ auf die Umwelt und auf das Klima auswirkt. Diese Tatsache den LeserInnen zu vermitteln, ist ein wichtiges und unterstützenswertes Ansinnen. Auch BIO AUSTRIA vermittelt, dass es sinnvoll ist, weniger Fleisch zu konsumieren, dafür aber die beste Qualität mit den höchsten Tierwohlstandards und einem umfassenden gesellschaftlichen und umweltbezogenen Mehrwert, also Bio. Dass hier gerade die Bio-Tierhaltung als Negativbeispiel für negative Klimawirkung nennen, ist daher doppelt schmerzlich und – viel wichtiger – auch inhaltlich nicht richtig.

Positive Klimawirkungen der Bio-Tierhaltung sind belegt

Gerade die biologische Tierhaltung hat im Vergleich zur konventionellen Tierhaltung positive Klimawirkungen. Das wird auch von zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt. Das Narrativ, das in diesem Artikel verwendet wird, wonach Bio-Landwirtschaft mehr Flächen benötige, und daher diese Flächen in anderen Ländern durch Mehranbau kompensiert werden müssen, ist nicht zutreffend. Dieses Narrativ ist nicht neu, es wird gerne benutzt, um von den massiven Problemen im Bereich der Umwelt und des Klimas abzulenken, die durch intensive Landwirtschaft und die dort verwendeten Kunstdünger und chemisch-synthetischen Pestizide verursacht werden. Von JournalistInnen muss allerdings erwartet werden, dass derartige Narrative hinterfragt werden.

Mittels Narrativen werden Tatsachen umgekehrt

Die Erzählung „Bio braucht mehr Fläche, daher werden Regenwälder gerodet“ mag eingängig sein, ist aber eine dreiste Verkehrung der Tatsachen.
Regenwälder werden vor allem deshalb zerstört und zu Ackerflächen umfunktioniert (genannt Land Use Change), um den riesigen weltweiten Bedarf an Sojafuttermitteln für die konventionelle Tierhaltung zu decken. In der biologischen Landwirtschaft werden international so gut wie keine Sojafuttermittel aus Südamerika verwendet. Dies aufgrund der flächengebundenen, standortbezogenen biologischen Tierhaltung und weil der Kraftfuttereinsatz (etwa durch Soja) bei Bio-Tieren deutlich reduziert ist.
Die Fütterung ist Grundfutterbasiert, also auf Basis von Gras, Heu bzw. Stroh. Damit besteht also wesentlich weniger Nahrungsmittelkonkurrenz durch den Verbrauch von Ackerflächen, die für Futtermittel statt Lebensmittelanbau genutzt werden. Hochleistungsrassen, die zur Maximierung der Milchleistung gezüchtet werden und hohe Eiweißmengen (= z.b. Soja) als Kraftfutter erhalten, spielen in der Bio-Rinderhaltung keine Rolle.

Was hier also als Nachteil darstellt wird, dass nämlich den Tieren mehr Platz zur Verfügung steht, ist in Wahrheit ein Vorteil für das Klima. Denn gerade, weil es weniger Tiere auf den biologisch wirtschaftenden Höfen gibt und dadurch weniger Bio-Fleisch produziert wird sowie die Futtermittel aus betriebseigenen Flächen stammen, entstehen geringere CO2eq-Emissionen pro Fläche und pro kg Fleisch (siehe Lindenthal, 2019).

Aktuelle Studien belegen Klimavorteile von Bio

Zudem zeigt eine erst Anfang dieses Jahres präsentierte Langzeitstudie der TU München und des staatlichen Deutschen Thünen-Instituts, dass tierhaltende Bio-Betriebe deutlich geringere Stickstoffmengen auf dem Betrieb aufweisen (Hülsbergen et al, 2023). Das steht im Widerspruch zu dem im Artikel zitierten Paper und der daraus abgeleiteten Behauptung, in Bio-Betrieben würde doppelt so viel Stickstoff verbraucht. „Der ökologische Landbau weist in der Fläche deutlich weniger Stickstoffinput, niedrigere Stickstoffsalden sowie eine höhere Stickstoffeffizienz als vergleichbare konventionelle Betriebe auf“, resümiert die Studie (Hülsbergen et al, 2023, S. 28). Das führt übrigens auch zu geringeren Lachgas-Emissionen (N2O). Und Lachgas (nicht Stickstoff, wie im Artikel behauptet wird) wirkt in der Atmosphäre rund 300 Mal klimaschädlicher als CO2.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die biologische Landwirtschaft generell auf chemisch-synthetische Pestizide sowie Kunstdünger verzichtet. Bei der Produktion von mineralischem Stickstoffdünger und chemisch-synthetischen Pestiziden werden enorme Mengen fossiler Rohstoffe benötigt. Die Emissionen dieser Vorleistungen werden der konventionellen Landwirtschaft in vielen Studien nicht zugerechnet.

Die oben genannte Studie kommt zum Schluss: „Der ökologische Landbau trägt zur Lösung von Umweltproblemen bei, z.B. zur Reduzierung von umwelt- und klimarelevanten Stickstoffemissionen. Die Unabhängigkeit von Mineraldüngerstickstoff macht den ökologischen Landbau auf die Fläche bezogen energieeffizienter und klimaschonender.“ (Hülsbergen et al, S.7)

Auch die umfangreichste bisher durchgeführte Meta-Studie zum Vergleich der Umweltwirkung von konventionell und biologisch wirtschaftenden Betrieben (Sanders & Heß, 2019)

hat Vorteile des biologischen Landbaus in den Bereichen Boden- und Gewässerschutz, Klimaschutz und Klimaanpassung, Ressourceneffizienz sowie Biodiversität ergeben.

Nur wer alle Fakten kennt, kann sich ein Bild machen

Die angeführten Beispiele sind nur exemplarisch für Studien zu sehen, die ein anderes Bild zeichnen als im Artikel beschrieben, und die ebenso in dem Artikel hätten einbezogen werden müssen. Bestehende wissenschaftlich fundierte Vergleiche der unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen führen je nach Betrachtungsweise und Einbeziehung von unterschiedlichen Faktoren zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Diese Komplexität darf – bei aller gebotenen journalistischen Vereinfachung zum besseren Verständnis – den LeserInnen nicht vorenthalten werden.

REFERENZEN

Artikel: „Warum Bio-Fleisch nicht besser für das Klima ist“ auf moment.at (31.10.23) https://www.moment.at/story/bio-fleisch-klima

Prof. Dr. K.-J. Hülsbergen, H. Schmid, Dr. L. Chmelikova, Prof. Dr. G. Rahmann, Dr. H. M. Paulsen, Prof. Dr. U. Köpke (2023) Umwelt- und Klimawirkungen des ökologischen Landbaus. In: Weihenstephaner Schriften Ökologischer Landbau und Pflanzenbausysteme. https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn065968.pdf

Sanders J, Heß J (Hrsg.) (2019) Leistungen des ökologischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut. In: Thünen Rep 65. https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_65.pdf

Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Thomas Lindenthal (2019) Fakten zur klimafreundlichen Landwirtschaft und zur Rolle der Bio-Landwirtschaft. Eine Analyse. https://staging.BIO AUSTRIA.at/app/uploads/2022/04/factsheet-fakten-zur-klimafreundlichen-landwirtschaft-thomas-lindenthal-boku-im-internet-sept19.pdf