Fruchtfolge im Bio-Ackerbau: Es geht um mehr!

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Hinter einer Fruchtfolge steht mehr als die Beachtung von Anbaupausen und Anbauabständen. Fruchtfolgen sollen vielfältig und ertragreich sein sowie dem Boden langfristig nicht schaden. Dies bringt viele Herausforderungen mit sich.
Eine gute Fruchtfolge ist das wichtigste Werkzeug für ein optimales Pflanzenwachstum bei bestmöglicher Ausnützung der vorhandenen Ressourcen. Fruchtfolgen müssen vielen Anforderungen entsprechen und sind letztlich ein Kompromiss zwischen Bodenfruchtbarkeit und Wirtschaftlichkeit. Parameter wie Standort, Arbeitskapazitäten oder Bodenverhältnisse sind zu berücksichtigen. Langfristige Ziele wie Humusaufbau, indirekte Effekte wie Beikrautregulierung und vorbeugende Ansätze im Hinblick auf Krankheiten und Schädlinge machen die Thematik nicht weniger komplex.

Anforderungen einer Fruchtfolge:
• möglichst viel marktfähige Ware
• möglichst viel Humusaufbau und Humuserhalt
• möglichst viel Gareaufbau und Gareerhalt
• möglichst geringer Beikrautdruck
• möglichst ganzjährige Bodenbedeckung
• ausgewogene Nährstoffkreisläufe
• Überangebote von Nährstoffen vermeiden
• Raubbau an den Nährstoff-Vorräten vermeiden
• Erosion vermeiden

Grundsätze beachten

Gesunde Fruchtfolgen folgen gewissen Regeln, die als Anhaltspunkte gelten sollen. Eine nachhaltige Fruchtfolge kann nach folgenden Grundsätzen gestaltet werden:
• 20 bis 25 % Leguminosen
• 60 bis 70 % Getreide und Mais
• 0 bis 15 % Alternativen
• Möglichst viel Vielfalt und Biodiversität
• Abwechslung Stickstoff-Mehrer (Leguminosen) und Stickstoff-Zehrer
• Abwechslung Sommerung und Winterung
• Möglichst hoher Anteil an Tiefwurzlern
• Abwechslung Halmfrüchte und Blattfrüchte
• Maximaler Anteil an Zwischenfrüchten und Untersaaten
• Wo möglich – Mischkulturen
• Möglichst ganzjährig grüner Bewuchs

Die Anteile von Leguminosen, Getreide und Hackfrüchten an der Fruchtfolge kann man an die Zusammensetzung eines gesunden Wiesenbestandes anlehnen. Damit sind Anteile von 20 bis 25 % Leguminosen (Klee), 60 bis 70 % Halmfrüchte (Gräser) und 5 bis 15 % Hackfrüchte und andere Blattfrüchte (Kräuter) gemeint. Die Leguminosen bilden besonders im Bio-Landbau eine tragende Rolle in der Fruchtfolge. Genau sie brauchen aber auch die längsten Anbauabstände und reagieren auf viele Wechselwirkungen im Boden besonders sensibel.
Deshalb ist es wichtig, möglichst langgezogene Fruchtfolgen und viele verschiedene Leguminosenarten zu integrieren und sowohl Futter- als auch Körnerleguminosen zu verwenden. Es sollten auch weniger bekannte Arten und keine Haupt- als Zwischenfrüchte angebaut werden. Mischkulturen und Untersaaten statt Monokulturen sind zu bevorzugen. Weiters ist darauf zu achten, leguminosenbetonte Bestände nur bei niedrigen N-Gehalten im Boden anzubauen, Leguminosen (Klee) nicht direkt mit Stickstoff (Gülle) zu düngen beziehungsweise Leguminosen mit biotauglichen Kalk- und Schwefelgaben zu stärken.

Werden diese Grundsätze beachtet, ergeben sich fast automatisch Fruchtfolgerahmen und -abläufe, die folgendermaßen aussehen:
1. Jahr: Futterleguminose
2. Jahr: Futterleguminose oder Getreide oder Hackfrucht mit Untersaat oder danach Zwischenfrucht (ZF)
3. Jahr: Getreide oder Hackfrucht mit Untersaat oder danach ZF
4. Jahr: Getreide oder Hackfrucht mit Untersaat oder danach ZF
5. Jahr: Körnerleguminose mit Untersaat oder danach ZF
6. Jahr: Getreide oder abtragende Blattfrucht mit Untersaat oder danach ZF
7. Jahr (eventuell): Soja mit Untersaat oder danach ZF
8. Jahr (eventuell): abtragendes Getreide oder abtragende Blattfrucht

Das wichtigste Werkzeug

Die Fruchtfolge liefert Antworten auf fast alle Fragen des biologischen Ackerbaus. Sie ist das Werkzeug schlechthin, um die Ansprüche an die Düngung, an die vorbeugende Beikrautregulierung, die Vermeidung von Krankheiten und Schädlingen, den Humusaufbau und die Bodenverbesserung zu erfüllen.
Eine besondere Rolle nehmen die Nährstoffdynamik und hier besonders der Stickstoff- und Kohlenstoffkreislauf ein. Besonders Bedacht auf diese Zusammenhänge nimmt das Konzept der „Regenerativen Landwirtschaft“ mit dem Ziel, Humus aufzubauen und das Bodenleben zu aktivieren und zu fördern.

Stickstoffkreislauf Nach dem Motto: „Den Boden fördern, den Boden aber auch fordern“ müssen viele Fruchtfolgen und deren Stickstoff (N)-Sammelmengen ihrem N-Entzug und der N-Dynamik gegenübergestellt werden. Eine Lösung für viele Fruchtfolgeprobleme ist interessanterweise oft die Integration eines passenden Starkzehrers mit großem Biomasse- und Kohlenstoffbildungsvermögen wie zum Beispiel Mais, Hanf, Hirse, Raps oder Intensivgräser. Denn in der Beratung fällt auf, dass vor allem viele Wurzelbeikrautprobleme auf unterschätzte Leguminosenleistungen und zu intensiven Anteilen von Stickstoffsammlern in der Gesamtfruchtfolge zurückzuführen sind.

Kohlenstoffkreislauf Bei der indirekten Düngung werden Boden und Humus aufgebaut und Mikroorganismen stellen den Pflanzen die benötigten Nährstoffe zur Verfügung. Dieser Kreislauf ist im höchsten Maße effizient und verlustfrei. Der möglichst ganzjährige Bewuchs des Bodens mit grünen Pflanzen ist der entscheidende Faktor, ob die Kulturpflanze von Anfang an effizient mit Nährstoffen durch Bodenlebewesen versorgt wird oder nicht.

System Immergrün Der nahtlose grüne Bewuchs des Bodens mit Untersaaten ab Beginn der Abreifephase von beispielsweise Getreide liefert viel Energie für den Boden und schützt diesen und seine Lebewesen in der heißen und trockenen Zeit. Auch die Rolle von winterharten Zwischenfrüchten, die den Zeitraum von Beginn der Vegetation bis zum Anbau der Hauptfrucht im April oder Mai perfekt ausnutzen, wird meist unterschätzt. Der große Vorsprung liegt dabei vor allem im bereits intakten Bodenleben, wenn die Hauptfrucht gesät wird.

Autor:

Manuel Böhm ist selbstständiger Bio-Berater, www.bioweg.at