Fruchtfolgen an den Klimawandel anpassen

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Die Bodenfruchtbarkeit muss aufgrund klimatischer Veränderungen noch stärker in den Mittelpunkt der biologischen Bewirtschaftung rücken. Denn gesunde und fruchtbare Böden bilden die Basis im Bio-Ackerbau. Etliche Maßnahmen wirken sich günstig aus.

Wer seine Felder biologisch bewirtschaftet, arbeitet verstärkt mit den Kräften der Natur. Der Klimawandel ist unübersehbar mit Veränderungen verbunden. Bio-Ackerbaubetriebe müssen daher ihre Bewirtschaftung dahingehend anpassen, sie müssen sich zunehmend an den Prognosen orientieren und ihre ackerbauliche Strategie danach ausrichten. Daran führt kein Weg vorbei. Das Wetter und das Klima können nicht vom Einzelnen beeinflusst werden, sehr wohl aber die Bodenfruchtbarkeit. Sie ist ein wichtiger Hebel, um für die klimatischen Herausforderungen besser gerüstet zu sein.

Markt und Klima

Das Anpassen der Anbauplanung an die Erfordernisse des Marktes fällt uns leicht. Sind die Prognosen für eine Frucht schlecht, weicht man so gut es geht aus. Schwerer fällt es, eine Prognose zu akzeptieren, wenn sie nicht vom Markt, sondern von Klimaveränderungen vorgegeben wird. Hier gibt es dann ja doch wieder Ausnahmejahre, wo alles so läuft wie vor 20 Jahren. Hinzu kommt, dass es keine Kultur gibt, die an alle klimatischen Eventualitäten angepasst ist. Es sind also keine einfachen Entscheidungen, die zu treffen sind. Wann und wie stark zum Beispiel der eigene Betrieb von Trockenheit betroffen sein wird, kann mit keiner vernünftigen Wahrscheinlichkeit vor dem Anbau vorhergesagt werden. Aber, dass sie bis zur Ernte doch eintritt, ist, wie die letzten Jahre zeigten, wiederum sehr wahrscheinlich.

Boden als Ressource

In den Anfängen des biologischen Landbaus von den 1960er- bis zu den 1980er-Jahren war jedem Umstellungsbetrieb im Ackerbau klar: „Der Boden ist meine wichtigste Ressource.“ Ein Großteil der konventionellen Ackerflächen in Österreich durchlebte in den folgenden Jahren eine Intensivierung, die Nährstoffvorräte im Boden wurden aufgebaut, die bearbeitete Bodenschicht wurde vergrößert. Das machte in den 1990er-Jahren für viele Betriebe die Umstellung auf Bio durchaus einfacher. Folglich kümmerten sich Umstellungsbetriebe der letzten 20 Jahre vorwiegend um das Thema Beikrautregulierung und das Verfügbarmachen von Stickstoff für die Pflanze. Der Boden an sich rückte etwas in den Hintergrund – und doch funktionierte der Bio-Ackerbau sehr gut! Das zeigten die guten Erträge.

Dieser eher konventionelle Zugang zum biologischen Ackerbau wurde dann doch nach und nach durch ein neues Boden-Bewusstsein abgelöst. Ein wichtiger Baustein dafür war die BIO AUSTRIA Bodenpraktiker-Ausbildung, die österreichweit angeboten und nach wie vor gut angenommen wird.

Aber auch andere auf den ersten Blick gegensätzliche Systeme, die Dammkultur und der Regenerative Ackerbau, haben eines gemeinsam: Der Boden rückt zunehmend in den Fokus, er gewinnt an Bedeutung. Und das ist gut so! Bei allen betrieblichen Entscheidungen sollten daher die Auswirkungen auf den Boden und die Bodenfruchtbarkeit zunehmend Berücksichtigung finden.

Dies betrifft in der betrieblichen Praxis auch das ständige Abwägen und Finden von Kompromissen, wenn es beispielsweise um die Befahrbarkeit von Böden geht. Positiv auf die Bodenstruktur wirken sich die Einarbeitung von Ernteresten, Gründüngungen und organischen Düngern aus. Eine bodenschonende, flache Bearbeitung fördert die Krümelstruktur im Oberboden. Wer sich zusätzlich die Bodenchemie im Sinne von pH-Wert und Basensättigung zu Nutze macht, hat einen weiteren Baustein zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit in der Hand. Die Maßnahmen sind vielfältig und müssen zum Betrieb, dem Standort und dem Bewirtschafter passen.

Optimaler Anbauzeitpunkt

Zu diesem Thema wird viel geforscht, leider immer aus Sicht einer konventionellen Bewirtschaftung und basierend auf dem durchschnittlichen Witterungsverlauf der letzten 20 Jahre oder mehr. Diese Wunschverhältnisse gibts aber nicht mehr. Und daher ist zunehmend Fingerspitzengefühl gefragt.

Körnermais konnte zum Beispiel unter optimalen Bedingungen im Jahr 2021 in der Südoststeiermark zwischen dem späten Anbau am 3. Juni und der Besichtigung am 5. Juli eine Wuchshöhe von 160 cm erreichen und damit enorm viel aufholen. Der Kornertrag von bis zu 12 Tonnen Trockenmais je Hektar (14 Prozent Wassergehalt) hätte kaum besser sein können. Auch heuer war der Anbau von Mais, Kürbis und Co vielerorts kaum früher möglich. Ob vergleichbare Erträge erzielt werden können, ist allerdings noch offen. Die ober- und unterirdische Entwicklung ist aber oftmals jetzt schon besser als bei vergleichbaren Kulturen, die Überflutung und Kältephasen durchlebt haben. Verantwortlich dafür ist die Schonung des Bodens, indem er erst bei geeigneten Bedingungen befahren wird. Damit wird kurzfristig die Basis für eine gelungene Folgekultur gelegt, langfristig die Bodenstruktur verbessert und die Bodenfruchtbarkeit gesteigert.

Die frühen Sommerungen von Getreide über Erbse bis zur Ackerbohne sollten weiterhin zeitig in den Boden kommen. Hier geht es um die rechtzeitige Bestockung bzw. ist die Gefahr von Trocken- und Hitzestress bei verspätetem Anbau deutlich erhöht.

Lupine, Lein oder Hanf können hingegen bei einer Aussaat Ende April oder Anfang Mai ihr Potential immer noch ausschöpfen. Ein intakter Boden hat gegenüber einem früheren Anbau Priorität.

Beim Wintergetreide spielt die verlängerte Vegetationszeit bis in den Dezember hinein eine Rolle. Wer in typischen Ackerbauregionen Anfang Oktober mit der Saatbettbereitung fertig ist und eine trockene Witterung nutzen möchte, sollte die Saatstärke reduzieren. 300 Körner pro Quadratmeter sind bei Weizen oder Triticale ausreichend, bei Roggen geht weniger, bei Gerste auch mehr. Für das Anlegen von Bestockungstrieben bleibt ausreichend Zeit und die Gefahr von Gelbverzwergung oder Schneeschimmel wird geringer.  

Das Anwalzen der Saat ist im Herbst genauso wichtig wie bei jedem anderen Saatzeitpunkt oder auch bei Zwischenfrüchten – wenn die Oberfläche entsprechend abgetrocknet ist. Das begünstigt einen raschen und vor allem gleichmäßigen Feldaufgang. Und damit kann das Pflanzen- und Wurzelwachstum optimal starten.

Grüne Äcker

Nichts kann das Bodengefüge besser stabilisieren als eine lebende Wurzel. In der Abreife investiert keine Pflanze mehr in neues Wurzelwachstum. Nährstoffe werden lediglich noch umgeschichtet. Damit ist aber auch das Bodenleben von einer Nahrungsquelle, den Wurzelausscheidungen, abgeschnitten. Abgestorbene Wurzeln können den Boden deutlich schlechter stabilisieren. Die Pflanzen brauchen kein Wasser mehr, die Böden trocknen bei Niederschlag langsamer ab und sind schlechter befahrbar.

Nach der Ernte stellt sich die Frage, wie und wann eine Begrünung etabliert werden kann. Sowohl Trockenheit als auch eine zu feuchte Witterung können hier zu Unsicherheit und Verzögerung führen.

Für alle drei Phasen – vor, zur und nach der Ernte – können Untersaaten hilfreich sein. Bei Getreide, aber auch bei vielen Hackfrüchten, kann sich bereits mit geringen Saatgutmengen aufgrund der kontinuierlichen Entwicklung im Schatten der Frucht ein guter Bestand entwickeln. Gräser sind am schattenverträglichsten und eine Menge von 8 kg pro Hektar reicht meist aus.

In vielen Regionen hat sich beim Wintergetreide das Ausbringen der Untersaat im Herbst zum Getreideanbau bewährt. Sowohl das Einwalzen oder Einstriegeln der Untersaat nach dem Anbau als auch die gemeinsame Aussaat von Getreide und Untersaat in 2 bis 3 cm Tiefe gelingen meist besser als eine Einsaat im Frühjahr vor dem Schossen.

Im Trockengebiet kann ein milder und feuchter Herbst kombiniert mit einem trockenen Frühjahr Wasserstress für das Getreide mit sich bringen. Mit einer niedrigen Saatstärke bei der Untersaat ist das Risiko aber dennoch gering. Ist es hingegen generell trocken, so wird die Untersaat wenig Kosten verursachen, lange ein Schattendasein führen und zur Ernte mit der Entwicklung durchstarten.

Neophyten beseitigen

Je nach Anbauregion sind unterschiedliche gebietsfremde Arten eine Herausforderung in der Bewirtschaftung wie zum Beispiel Ambrosia, Stechapfel, Erdmantelgras und wirklich viele mehr. Veränderungen im Klima bringen neue Unkrautarten und Schädlinge mit sich. Auch wilde Wickenarten können zum Problem werden. Die Werkzeuge, die zur Regulierung zur Verfügung stehen, sind die Fruchtfolge und die Bodenbearbeitung. Wer die Kleinheit seines Ackerbaubetriebes gerne als Schwachstelle sieht, sollte dies hier als Vorteil nutzen und mittels regelmäßiger Felderbeobachtung die ersten unerwünschten Kandidaten erkennen und beseitigen. Auf Problemfeldern kann über die Kulturauswahl bezüglich Anbau- und Erntezeitpunkt gehandelt werden. Steht Wintergetreide auf einem Feld mit Johnsongras zur Diskussion, so wird eine hohe frühreife Wintergerste geeigneter sein als niederwüchsiger Weizen, da zum Zeitpunkt der Gerstenernte das Johnsongras erst so richtig mit seiner Entwicklung beginnt. Und in Folge kann der relativ lange Sommer zur intensiven Bodenbearbeitung genutzt werden.

Elastische Fruchtfolgen

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Optimale Anbaufenster werden vermutlich kürzer, sie sind aber vor allem nicht mehr abschätzbar. Daher ist eine vielfältig aufgestellte Fruchtfolge gleichzeitig eine Versicherung für jeglichen Witterungsverlauf. Unterschiedliche Anbau- und Erntefenster sowie Wasser- und Nährstoffansprüche erhöhen die Wahrscheinlichkeit enorm, dass zumindest einige Kulturen sehr gut gelingen und andere eben einen durchschnittlichen Ertrag bringen. Der Mehraufwand bei der Arbeitswirtschaft und der Organisation wird durch die Möglichkeit, mehrere Zeitfenster nutzen zu können, wieder wettgemacht.

Dass eine Erweiterung der Fruchtfolge immer mit einem Blick auf den Markt erfolgen sollte, muss nicht gesagt werden. Denn während Bäuerinnen und Bauern den Markt zu gern im Fokus haben und gefragte Kulturen stark ausweiten, werden Kleegras, Luzerne oder Mischkulturen hintangestellt. Die Kombination macht den Erfolg aus: In den Boden hineinschauen, beim Nachbarn Ideen holen und mit einem Ohr auch am Markt sein!

Horizont erweitern

Zunehmend wandern Kulturen, die bislang Ostösterreich vorbehalten waren, in die Ackerbauregionen der Steiermark, Kärntens oder Oberösterreichs. Speiseleguminosen wie Kichererbsen oder Ölfrüchte wie Lein finden sich zunehmend in feuchten und höheren Anbaulagen.

Der Vorteil: Es gibt bereits viele Erfahrungen, Betriebe können sich an diesen orientieren und sich Lösungen für Herausforderungen bei Stützfrüchten, Mischungspartnern oder der Anbautechnik holen. Was für die Bäuerinnen und Bauern immer zu tun bleibt, ist die Übertragung auf den eigenen Standort. Ein Beispiel ist die verspätete Anbaumöglichkeit von Ölfrüchten wie Lein oder Hanf im Feuchtgebiet. Ist der Anbau im April möglich, sind die Voraussetzungen für diese Kulturen auch in den eher feuchteren Regionen gut. Ist der Anbau aufgrund der Witterung erst im Mai möglich, wenn der Boden warm und befahrbar ist, könnte es für die Entwicklung schon wieder zu spät sein. Daher ist ein Plan B immer hilfreich.

Niemand hat ein größeres Interesse daran, den Betrieb fit für Veränderungen zu machen als die Biobäuerinnen und Biobauern selbst. Und da es ohnedies keine Kochbuch-Rezepte gibt, heißt es: Augen auf und Köpfe rauchen lassen! Mit Informationen von außen, gepaart mit Erfahrungen von Kollegen gehen wir einer guten Entwicklung im Bio-Ackerbau entgegen.

Autor: Heinz Köstenbauer, Bio Ernte Steiermark