Futter selber mischen

© Edler/BIO AUSTRIA
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Selber mischen statt Fertigfutter. Wir haben zwei Bio-Betriebe nach ihren Strategien und Erfahrungen befragt.
Futterkosten machen mit einem Anteil von über 70 Prozent den Großteil der variablen Kosten in der Bio-Geflügelhaltung aus. Bei den Legehennen sind es etwa 75 %, bei den Masthühnern 72 %. Um Kosten zu sparen und Betriebskreisläufe zu schließen, mischen einige Bio-Betriebe das Futter zur Gänze oder teilweise selber anstatt Fertigfutter zuzukaufen. „Unter bestimmten Voraussetzungen ist das möglich. Die richtige Mischung zu finden, ist jedoch nicht einfach. Die Rationen müssen gut abgestimmt sein, sonst leiden rasch die Gesundheit der Tiere und auch die Wirtschaftlichkeit. Oft ist es eine Gratwanderung, manche Betriebe kommen dadurch auch an ihre Grenzen“, erläutert Manuel Böhm, selbständiger Bio-Berater aus Oberösterreich. „Der einzelne Betrieb steht entsprechend seiner Standortbedingungen vor der Herausforderung, die pflanzenbaulich optimale Fruchtfolge für die optimale betriebseigene Futterlieferung zu gestalten, wenn er den Anteil betriebseigener Futterkomponenten maximieren will“, betont der Bio-Geflügelexperte Friedhelm Deerberg.

Aus der Praxis

Wir haben bei zwei Bio-Betrieben nachgefragt, die das Futter für ihre Tiere selber mischen.

Anton Berger bewirtschaftet einen Bio-Geflügelbetrieb mit einer Fläche von 30 ha Acker und 15 ha Grünland in Gaspoltshofen in Oberösterreich. Die 7000 Masthühner und 3000 Legehennen haben einen Futterbedarf von 300 t pro Jahr; 100 t Futtergetreide werden selbst produziert, zugekauft werden 100 t Futtergetreide vom Nachbarn und 100 t Eiweißkonzentrat für die Masthühner.

Die Ration für die Legehennen besteht aus 26 % Triticale, 26 % Mais, 12,6 % Soja- und 8 % Sonnenblumenkuchen, 8 % Kalk (Kalkgries und Muschelschalen ab Mitte der Legezeit), 5 % Hafer-Weizengemenge, 4 % Maiskleber, 6,8 % Ackerbohne, 2 % Mineralstoffmischung, 1,2 % Sonnenblumenöl, 0,4 % Ameisen- und Propionsäure.

Auf Kreislauf achten

Die Fruchtfolge besteht aus zweijährigem Kleegras/Mais/Triticale-Winterweizengemenge/Soja- oder Ackerbohne/Triticale-Winterweizengemenge/Hafer-Sommerweizengemenge oder Sonnenblume/Kleegras. Die Ernte wird am Betrieb gereinigt, getrocknet und gelagert. „Eine ordentliche Reinigung und Vorrichtungen für eine einwandfreie Lagerung sind sehr wichtig, alles andere wäre zu riskant“, betont Anton Berger, „diese Kosten sind natürlich miteinzuberechnen.“ Alle drei Wochen werden sechs Tonnen Futtermittel durch einen Mischzug zuerst gequetscht, dann in den Futtersilo gefüllt. Soja wird vorher getoastet und Weizen zum Teil im Ganzen beigemengt.
Da Anton Berger sich die technischen Einrichtungen bereits vor 12 Jahren angeschafft hat, spart er sich durch das selber Mischen mittlerweile etwa 60 Euro je Tonne. „Mir sind der möglichst geschlossene Betriebskreislauf und kurze Transportwege wichtig“, erklärt der Biobauer, auch wenn er mit Sonderkulturen oder der Produktion von Saatgut wahrscheinlich höhere Deckungsbeiträge erzielen würde.

Für die 7000 Masthühner wird nur in den letzten drei bis vier Wochen der Mast eigenes Futter verwendet. Grund dafür ist, dass diese im Vergleich zu den Legehennen weitaus selektiver in der Futteraufnahme sind und das zugkaufte pelletierte Futter den Vorteil hat, dass der Staub besser gebunden ist. Das gelingt bei den Eigenmischungen durch die Zugabe von Sonnenblumenöl nur bedingt, was sich nachteilig auf die Gewichtszunahme auswirkt.
In der Ration sind 6 % Ackerbohne, 30,2 %Triticale-Weizengemenge, 25 % Mais, 6 % Sonnenblume, 0,4 % LithoFeed, 2 % Öl, 0,4% Ameisen- und Propionsäure, 30 % Eiweißkonzentrat.

So einfach ist es nicht

Karl Jürgen Leeb aus Baumgarten im Burgenland ist von der Rindermast und Milchviehhaltung auf Legehennenhaltung umgestiegen. Am Beginn wurde noch Fertigfutter verfüttert. „Da wir noch nicht das Fachwissen hatten, haben wir zunächst mit einem zugekauften Eiweißkonzentrat, eigenem Futterweizen und Futtermais begonnen. Mit zunehmender Erfahrung wurde Soja in unsere Fruchtfolge und Ration eingebaut,“ schildert Karl Leeb seine Anfänge, das Futter für seine 6000 Legehennen selbst zu mischen.
Da die Infrastruktur für Reinigung und Lagerung bereits vorhanden waren, rechnete sich das für Karl Leeb. Die Misch- und Trocknungsanlage wurden neu angeschafft. Auf 54 ha werden Weizen, Soja und Mais angebaut. Für den Jahresbedarf von circa 250 t Futter werden im Durchschnitt 60 % selbst produziert. Zugekauft wird aus der Umgebung.

Die Ration besteht aus 36 %Mais, 20 %Weizen, 27 % Soja, 9 % Kalk, 5 %Maiskleber, 1 %LithoFeed, 2 %Mineralstoffe.
Sie wird auf das Alter der Herde abgestimmt und EDV-gestützt berechnet. Das Getreide und der Mais werden mit unterschiedlichen Sieben geschrotet, um eine gleichmäßige Struktur zu erreichen, denn die Hühner bevorzugen strukturreiches Futter mit möglichst wenig Staubanteil. Das Futter wird alle 7 bis 10 Tage neu aufbereitet.

„In manchen Jahren ist es schwierig, hochwertige Eiweißkomponenten zu bekommen. Um auf der ernährungsphysiologisch sicheren Seite zu sein, gibt es Eiweißvormischungen“, betont Karl Leeb.
Ein Vorteil von selbstgemischtem Futter ist für Karl Leeb auch, dass man im Stall auf ernährungsbedingte Probleme schneller reagieren kann. „Insgesamt braucht es aber viel Wissen und Erfahrung, denn so einfach ist das Mischen nicht“, sagt Leeb, „
mir ist es wichtig, dass die Hühner ein gutes und gesundes Futter bekommen, um die beste Leistung bringen zu können. Wenn man aber alle Kosten berücksichtigt, ist die Kostenersparnis gering. Es ist eine Gratwanderung zwischen Leistung, Gesundheit und Wirtschaftlichkeit. Eine pauschale Kostenersparnis gibt es nicht, da jeder Betrieb andere Strukturen und Voraussetzungen hat und es beim Komponentenzukauf Preisschwankungen gibt.“

Wissen

Leguminosen in der Geflügelfütterung
In den Rationen für Geflügel werden vorwiegend Sojabohne und Körnererbse verwendet. Sie können mit Anteilen bis zu 20 % und auch darüber hinaus eingesetzt werden. Bei Ackerbohnen werden tannin- und vicinarme Sorten bevorzugt. Wicken haben ein enges Lysin-Methioninverhältnis in ihrem Pflanzeneiweiß, beinhalten aber nicht verdauliche Substanzen und können daher nur mit kleinem Mischungsanteil eingesetzt werden.
Je nach Standort können Futterleguminosen mindestens soviel Ertrag bringen wie Körnerleguminosen, insbesondere wenn man neben dem Massenertrag auch den „Qualitätsertrag“, also deren Lysin- oder Methioningehalt berücksichtigt. Sie können frisch als Grüngut zum Beispiel im Rahmen einer mobilen Geflügelhaltung auf Feldfutterflächen innerhalb der Fruchtfolge genutzt werden oder siliert beziehungsweise getrocknet.

Je älter ein Klee- oder Luzernebestand, desto höher sind Masseertrag und Rohfaseranteil. Dies verringert die Eiweißqualität, also den Anteil essentieller Aminosäuren und die Verdaulichkeit des Eiweißes.
Daher gibt es Ansätze, Blatt und Stängel komplett zu trennen oder zumindest den Stängelanteil zu verringern.
Die Trennung von Blatt- und Stängelanteilen wurden an der Universität Kassel in den vergangenen fünf Jahren untersucht. Bei 20 % Rohproteingehalt können bis zu 3,1 g Methionin/kg Frischmasse (FM) erreicht werden. Das entspricht einem um 20 % höheren Methioningehalt gegenüber der „Ganzpflanze“ mit etwa 2,5 g Methionin/kg FM bei etwa 15 % Rohproteingehalt.

Dr. Friedhelm Deerberg, Die Oekoberater, Böseckendorf