Luzerne hat viel Potenzial

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Luzerne ist im Bio-Ackerbau ein wichtiges Glied in der Fruchtfolge. Sie hat viele positive Effekte, die vor allem mittel- bis langfristig zum Tragen kommen.
Im Bio-Landbau – vor allem in viehlos wirtschaftenden Betrieben – sind Luzerne auf den kalkreichen Böden im Pannonikum und Rotklee beziehungsweise Kleegras auf Standorten mit niedrigen pH-Werten oder in feuchten Regionen wesentliche Bestandteile in der Fruchtfolge.
Zwei Luzernejahre stehen in der Regel am Beginn einer acht- bis zehnjährigen Fruchtfolge. Danach stehen beträchtliche Mengen organisch gebundener Nährstoffe für die weitere Fruchtfolge zur Verfügung, die Böden sind weitgehend frei von lästigen Wurzelunkräutern und weisen eine optimale Bodenstruktur auf.

Was sie kann

Hochwertige Futterpflanze Luzerne kann als Grünpflanze, als Heu, als Silage, in pelletierter Form und als Luzernegrünmehl in der Rinder-, Pferde-, Schweine- und Hühnerfütterung eingesetzt werden. Derzeit entwickeln mehrere Landmaschinenhersteller mobile Geräte zur Produktion von Luzernepellets direkt am Feld. Im Vergleich zu stationär betriebenen Pelletieranlagen sollen mit diesen Maschinen deutlich geringere Pelletierkosten möglich werden und damit die Konkurrenzfähigkeit der Luzernepellets in Relation zu Sojaschrot in der Schweine- und Hühnerfütterung erreicht werden. Darüber hinaus sind Luzernesprossen auch ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Rohkosternährung.

Fixierung von Luftstickstoff über symbiotische Knöllchenbakterien, rund 500 kg Reinstickstoff in zwei bis drei Vegetationsperioden, der in der weiteren Fruchtfolge als langsam fließende Stickstoffquelle zur Verfügung steht.

Cut & Carry (Transfermulch) Luzerne kann in viehlosen Bio-Ackerbausystemen auch als Dünger für Fruchtfolgeglieder mit hohem Stickstoffbedarf verwendet werden. Derzeit laufen darüber hinaus Versuche, Luzerne im GPS gesteuerten Streifenanbau (2 bis 6 m Streifenbreite) unmittelbar neben Marktfrüchten (3 bis 6 m Streifenbreite) anzubauen, wobei der Luzerneaufwuchs mehrmals im Jahr auf die Nebenfläche gehäckselt wird und dort als Mulchschicht seine Düngewirkung entfalten kann. (Siehe Artikel Seite xxx)

Humusaufbau Luzerne liefert während ihrer langen Vegetationszeit, sie wächst in Mitteleuropa von Anfang März bis Ende November, beträchtliche Überschüsse an organischer Substanz. Insbesondere in hackfruchtintensiven und somit humuszehrenden Fruchtfolgen mit Mais, Soja, Zuckerrüben, Kartoffeln, Wurzelgemüse etc. sorgt die Luzerne für ausgeglichene Humusbilanzen.

Durchwurzelung, Nährstoffmobilisierung Luzernewurzeln dringen bei zweijähriger Standzeit in eine Tiefe von zwei bis vier Metern vor und holen dabei nicht nur Wasser und Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten, sondern hinterlassen im Zuge ihrer Verrottung auch ein weitverzweigtes Hohlraumsystem, das von anderen Kulturpflanzen entsprechend genutzt werden kann.

Bodenleben Die ganzjährige Bodenbedeckung und das Fehlen einer störenden Bodenbearbeitung ermöglichen dem Bodenleben optimale Entwicklungsbedingungen. Sichtbares Zeichen dafür ist die enorme Regenwurmdichte, die sich beim Umbruch eines mehrjährigen Luzernebestandes zeigt.

Beseitigung von Wurzelunkräutern Durch Wurzelkonkurrenz in tieferen Bodenschichten und durch häufiges Mähen oder Mulchen können Wurzelunkräuter wie beispielsweise die Ackerkratzdistel deutlich reduziert werden.

Erosionsschutz Luzerneflächen leisten vor Vegetationsbeginn im Frühjahr und nach der Getreideernte schon ab einem Flächenanteil von 15 Prozent einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung von Wassererosion in hügeligen Lagen im Zuge von Starkregenereignissen.

Anbau von Luzernebeständen

Anlagetermin Luzerne kann nach der Getreideernte von Mitte Juli bis Mitte August im Herbst angebaut werden mit einer Saatstärke von rund 25 kg pro Hektar, vorausgesetzt der Boden weist eine ausreichende Durchfeuchtung auf. Ist dies nicht der Fall oder soll die Etablierung des Luzernebestandes als Untersaat erfolgen, wird die Luzerne im Frühjahr zwischen Ende März und Ende April ausgesät.

Untersaat Als Ablenkfutter für den Erdfloh oder um auch im Anlagejahr einen positiven Deckungsbeitrag zu erzielen, kann die Luzerne auch als Untersaat ausgesät werden. Als Deckfrüchte stehen neben Sommergerste, allerdings mit deutlich reduzierter Saatstärke, auch Senf, Leindotter oder Kresse zur Auswahl. Die Saatstärke der Luzerne sollte auch als Untersaat bei rund 25 kg pro Hektar liegen.

Einjährige Luzerne Dabei steht die Luzerne von August eines Jahres beziehungsweise ab März des Folgejahres ein- bis eineinhalb Jahre am Feld und wird im April des nächsten Jahres bei einer Wuchshöhe von rund 25 cm flach eingearbeitet. Vorteil dieser Variante, die sich besonders für viehlos wirtschaftende Betriebe eignet, ist neben der Erntemöglichkeit der Übersaat im Anlagejahr (positiver Deckungsbeitrag), die Beseitigung von Wurzelunkräutern durch zwei nachfolgende Reinigungsschnitte und die Stickstoffbindung bis zum April des Folgejahres. Nachteilig sind die relativ hohen Saatgutkosten.

Mehrjährige Luzerne Die Anlage dieser Variante erfolgt gleich wie die der einjährigen Luzerne, allerdings verbleibt sie mindestens zwei ganze Vegetationsperioden am Feld. Diese Variante eignet sich vor allem für Betriebe mit Futternutzung, kann aber mit sinkenden Pelletierkosten auch für Marktfruchtbetriebe sehr interessant werden.

Die Erträge

Zumeist sind drei Schnitte pro Jahr zu erwarten, dabei können im mehrjährigen Durchschnitt jährlich rund 9 bis 13 Tonnen Trockenmasse pro Hektar geerntet werden. Der Rohproteingehalt schwankt je nach Entwicklungsstadium zum Erntezeitpunkt von 19 Prozent bei der Ernte von Beständen in Vollblüte bis zu 25 Prozent bei der Ernte im Knospenstadium. Der Rohproteinertrag von durchschnittlich rund 2,5 Tonnen pro Hektar und Jahr übertrifft sowohl die Rohproteinerträge von Grünland mit durchschnittlich 1 bis 1,5 Tonnen als auch die sämtlicher Körnerleguminosen einschließlich der Sojabohne mit 0,9 bis 1,6 Tonnen pro Hektar und Jahr.

Ab dem zweiten Standjahr ist nach einer ersten Nutzung von Ende April bis Anfang Mai auch eine Samennutzung im August möglich. Die Samenerträge können dabei beträchtlich schwanken. Sind die Bestände wegen Frühsommertrockenheit nur spärlich entwickelt und fehlen darüber hinaus auch noch die Befruchter (die Bestäubung der Luzerne erledigen insbesondere die Hummeln und nur teilweise auch die Wildbienen) liegen die Erträge meist unter 100 kg pro Hektar. Unter optimalen Bedingungen kann mit Samenerträgen von 500 bis 800 kg pro Hektar gerechnet werden. In diesem Zusammenhang ist auf die wesentliche Funktion von Biotopverbundsystemen hinzuweisen, denn die Hummelköniginnen benötigen für ihre Nester trockene, ungestörte Plätze wie Grasbüschel, Reisighaufen, Baumhöhlen, ehemalige Mäuse- oder Vogelnester.

Nachfolgende Bearbeitungen

In der Vergangenheit wurden Luzernebestände häufig mit dem Pflug umgebrochen. Allerdings ist diese Maßnahme unter sehr trockenen Bodenverhältnissen sehr kraftaufwändig (unter mehrjährigen Luzernebeständen ist es Ende September bis Anfang Oktober meist sehr trocken) und darüber hinaus werden die Vegetationskegel samt Hauptwurzel lediglich vergraben und treiben nach Niederschlägen häufig wieder durch. Nicht selten sind dann die nachfolgenden Weizenbestände Mischbestände aus Weizen mit erheblichem Luzerneanteil. Dies führt in trockenen Frühjahren zu Mindererträgen auf Grund der Wasserkonkurrenz und in feuchten Jahren zu Ernteproblemen. Es ist daher empfehlenswert, die Luzernebestände bereits ein bis zwei Wochen vor dem geplanten Umbruch mit einem Flachgrubber oder einer (Kurz)Scheibenegge flach zu bearbeiten, um den Vegetationskegel von der Hauptwurzel zu trennen. Bei Verwendung eines speziellen Schälpfluges mit einer Arbeitstiefe von rund 10 cm kann einerseits der Kraftaufwand deutlich gesenkt werden und andererseits verbleiben nur kurze Wurzelreste am Vegetationskegel. Dies reduziert den Wiederaustrieb beträchtlich.
Beim Luzerneumbruch mit Flachgrubbern mit starren Zinken wird der Vegetationskegel bei einer Bearbeitungstiefe von rund 3 bis 4 cm weitgehend von der Hauptwurzel getrennt und somit ein Wiederaustrieb großteils verhindert.

Autor:

DI Paul Weiss, Biobauer in Lassee, Niederösterreich