Nützling gegen Schädling

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Der Einsatz von Nützlingen gegen Schädlinge im geschützten Anbau ist effektiv und nachhaltig. Nicht zuletzt bedingt durch den Klimawandel nimmt seine Bedeutung zu. In der Praxis braucht es viel Wissen, Erfahrung und Fingerspitzengefühl. 

Der Einsatz von Nützlingen zur Schädlingsbekämpfung im geschützten Anbau, also im Glashaus oder Folientunnel, schaut mittlerweile auf eine über 30jährige Erfolgsgeschichte zurück. Waren es in den 1980er- und 1990er-Jahren vorwiegend Gemüsebauern, so setzen heute auch Zierpflanzen- und Schnittblumengärtner auf Nützlinge und auch im geschützten Beerenobstanbau nimmt der Nützlingseinsatz zu.

Dabei spielt es sich, damals wie heute, vorwiegend „unter Glas“ ab. Zum einen hat hier die Vermehrung der Schädlinge aufgrund höherer Temperaturen eine andere Dynamik, zum anderen kann man für Nützlinge idealere Bedingungen schaffen und deren Einsatz auch besser „kontrollieren“. Bedingt durch den Klimawandel bilden Problemschädlinge sowie invasive, wärmeliebende Insekten zunehmend besorgniserregende Populationen. Hier gilt die biologische Schädlingsbekämpfung als die erfolgversprechendste Strategie. 

Nützlinge wirken nachhaltig

Gründe, warum sich Produzenten für den Einsatz von Nützlingen entscheiden, gibt es viele: steigendes Verantwortungsbewusstsein und der Wunsch nach einer nachhaltigen Produktion einerseits, das Fehlen von Alternativen oder Resistenzbildung bei Schädlingen andererseits. Am besten ist es, vorbeugend zu denken, das heißt, Nützlinge einzusetzen, noch bevor das Problem unüberwindbar wird. Einer der größten Vorteile bei etabliertem Nützlingseinsatz ist, dass man damit auch andere Nützlinge fördert. Außerdem beschäftigt man sich automatisch intensiver mit der Kultur, denn mit dem Ausbringen der Nützlinge ist es nicht getan. Man muss kontrollieren, beobachten und eventuell nachbessern. 

Nützlingseinsatz erfordert im Gegensatz zum herkömmlichen Pflanzenschutz mehr Fingerspitzengefühl und intensive Beobachtung. Dadurch fallen auch andere Probleme oder Kulturfehler früher als sonst auf.

Räuber und Parasiten

Nützlinge bedienen sich vorwiegend zweier Strategien: die der Räuber, welche aktiv den Schädling auffressen und die der Parasiten, welche die Schädlinge als Wirt für ihre Entwicklung benutzen. Bekanntestes Beispiel für räuberische Nützlinge sind etwa die Marienkäfer. Erwachsene Käfer, wie auch deren Larven, fressen bis zu 100 Blattläuse pro Tag. Die gleiche Strategie nutzen verschiedene Raubmilbenarten, welche gezielt Spinnmilben oder Thripse aufsuchen und fressen. Gerade der Einsatz von Raubmilben ist im geschützten Anbau gut erprobt und lässt sich einfach in Arbeitsabläufe integrieren. 

Die zweite Nützlingsstrategie ist die Parasit-Wirt-Beziehung. Dabei entwickelt sich der Nützling im Körper des Schädlings und tötet diesen ab. Parasitische Nützlinge sind häufig auf einen Schädling spezialisiert, wie zum Beispiel die verschiedene Schlupfwespenarten, die gegen Blatt- und Schildläuse eingesetzt werden. 

Weiße Fliege

Die Bekämpfung der Weißen Fliege in Paradeisern galt lange Zeit als extrem schwierig. Dieser Schädling vermehrt sich bei idealen Bedingungen extrem gut und rasch. Hinzu kommt, dass vorhandene Pflanzenschutzmittel, konventionell und Bio, immer nur einen Teil der Population hemmen und somit mehrere Blockspritzungen innerhalb kürzester Zeit nötig wären. Heute ist die Bekämpfung der Weißen Fliege mit Nützlingen in Paradeisern Standard. Eine Kombination aus Räuber und Parasit brachte den entscheidenden Erfolg. Als Räuber wird die Raubwanze Macrolophus kurz nach dem Setzen vorbeugend ausgebracht, wobei ein bis zwei Ausbringungen reichen. Die Raubwanze, welche sich auch vom Saft der Nachtschattengewächse ernähren kann, vermehrt sich dann im Laufe des Jahres im Glashaus. Zusätzlich zu diesem Räuber werden über mehrere Wochen Encarsia-Schlupfwespen in Form von parasitierten Larven auf Kärtchen ausgebracht. Die Schlupfwespe Encarsia formosa parasitiert die Larven der Weißen Fliege. Dabei verfärben sich diese schwarz, womit sich auch der Einsatzerfolg gut kontrollieren lässt. 

Spinnmilbe

Gurken und Himbeeren sind Kulturen, die extrem anfällig auf Spinnmilben sind. Hinzu kommt, dass sich Spinnmilben gerade in heißen Sommern innerhalb weniger Tage explosionsartig vermehren können. Ein Mix aus Raubmilben wirkt den Spinnmilben entgegen. Amblyseius-Arten werden vorbeugend und relativ früh im Kulturverlauf in Tütchenform eingesetzt. Dies hat den Vorteil, dass neben den im Tütchen vorhandenen Raubmilben, Futtermilben als Ersatznahrung vorhanden sind. Die Raubmilben wandern langsam über Wochen vom Tütchen auf die Kultur über. Die andere Raubmilbenart, Phytoseiulus persimilis, ernährt sich als Spezialist ausschließlich von Spinnmilben und wird erst bei Befall eingesetzt. Ohne vorbeugenden Raubmilbeneinsatz hätte der Spezialist Phytoseiulus keine Chance gegen die Spinnmilben, da diese bei trockenem, heißem Wetter sofort in obere Pflanzbereiche wandern und dort schneller Schäden verursachen. Die Aufgabe der vorbeugend eingesetzten Raubmilbe ist es also, die Spinnmilbenpopulation derart in „Schach zu halten“, dass sie nicht nach oben wandert. Da dies nicht immer nach Plan gelingt und stark von klimatischen Verhältnissen abhängt, ist eine genaue und regelmäßige Kontrolle mit einer Lupe auch hier unumgänglich. 

Es erfordert viel Erfahrung abzuschätzen, ob sich das Gleichgewicht zugunsten des Nützlings bewegt. Gerade zu Beginn ist eine Beratung sinnvoll, denn benötigte Einsatzmengen und auch der Schädlingsdruck sind sehr betriebsspezifisch, ein gut funktionierendes System kann also nicht ohne Weiteres „kopiert“ werden. 

Autorin: Mag. Renate Fuchs, Gartenbaureferat LK Steiermark