Ökologisch Un-Verpackt – LUNZERS Maß-Greißlerei

©LUNZERS Maß-Greißlerei
© LUNZERS Maß-Greißlerei

LUNZERS Maß-Greißlerei führt seit 2013 den ersten Unverpackt-Laden im deutschsprachigen Raum. Um einen Einblick in ökologische (Un)Verpackungs-Systeme zu bekommen und diese Erfahrungen auch für Bio-DirektvermarkterInnen zugänglich zu machen, haben wir Andrea einige Fragen gestellt.

Wie es möglich ist, Lebensmittel ohne Verpackung zu verkaufen, zeigt dieses Beispiel. Gegründet wurde die Maß-Greißlerei von der 37-jährigen Andrea Lunzer, sie wuchs auf einem Biohof im Burgenland auf. In ihrem Laden ist alles Bio.
Das Interview führte Roland Teufl.

Roland: Warum und wann hast du einen Unverpackt-Laden begonnen?
Andrea: Die Eröffnung war im Jänner 2014, begonnen hatte alles aber schon einige Jahre davor. In meiner beruflichen Tätigkeit war ich für den Verpackungsbereich einer Bio-Marke zuständig. Allerdings wurde für mich dabei deutlich, dass es hier zu wenig Interessen an ganzheitlich ökologischen Lösungen gibt. Es wird auch mit Einwegverpackungen Geld verdient.
2012 habe ich das Projekt Unfold initiert – eine Initiative zur Förderung nachhaltiger Verpackungslösungen. Es ging dabei um die Unterstützung von Unternehmen im Bereich ökologische Verpackungen. Es gab auch viel Interesse, aber niemand wollte unsere radikalen Lösungen umsetzen. Mir wurde hier zu viel Green Washing betrieben.
2013 kam mir dann dieses Geschäftslokal in der Heinestraße 35 unter. Da es schwierig ist andere von radikalen Lösungen zu überzeugen – und mir war klar, dass es das Beste ist, es selbst zu tun – habe ich dieses Experiment gestartet. Ich wollte versuchen ob es möglich ist, einen verpackungsfreien Laden zu führen. Wie kann es gehen, dass wir die Verpackung bei den Produkten weglassen. Wir haben uns dann langsam von 500 Produkten auf 1000 Produkte hochgearbeitet.

Was ist ein Unverpackt-Laden? Gibt es eine Definition bzw. was kennzeichnet ihn?
Offizielle Definition gibt es noch keine. Wir gründen aber gerade einen Verein aller deutschsprachigen. Für mich ist ein Unverpackt-Laden ein Ort, wo es keine Einwegverpackungen gibt. Im Lebensmittelbereich schaffen wir das zu 95% – ein Problem hier bleibt der Wein. Ansonsten funktioniert das bei Trockenwaren ganz gut mit Spendersystemen. Eingemachtes, Milchprodukte und ähnliches haben wir im Pfandsystem. Wir wollen die Leute motivieren, ihre eigenen Gebinde mitzunehmen und wiederzuverwenden. Um sich Unverpackt-Laden zu nennen, finde ich, sollten schon mindestens 90% der Produkte verpackungsfrei sein.

Wie funktioniert ein Einkauf im Unverpackt-Laden?
Der Unverpackt-Laden lädt ein, eigene Gefäße mitzunehmen, die hat ja jeder zuhause. Wir wollen zur Circular Economy anregen. Jedes Gefäß wird an der Wiegestation einmal abgewogen, dort bekommt es ein Pickerl mit Barcode, danach können vom Kunden alle Gefäße befüllt werden. Für Obst, Gemüse und ähnliches genügt auch ein Korb oder Stoffsack, den man mitnimmt. An der Kassa wird das Produktgewicht, abzüglich Tara, gewogen und der Preis berechnet, das wars.

Warum kaufen Kunden bei dir ein?
Das teilt sich. Es gibt Kunden, die an Nachhaltigkeit sehr interessiert sind. Sie kommen weil wir ein Zero Waste-Laden sind. Es sind Bio-Kunden, die auch oft auf Bauernmärkten einkaufen, die aber keine Verpackung wollen. Dann gibt es auch eine sehr junge Käuferschicht, die auch stark in sozialen Medien vertreten ist. Hier sehe ich einen Trend. Zero Waste ist hier sehr präsent, und wird aus Umweltgründen, aber auch weil es cool ist, als Lebensstil praktiziert. Und dann gibt’s viele die uns einfach als Nahversorger nutzen. Leute, die die Greißlerei und den Bioladen schätzen, also nahe, kleine und überschaubare Strukturen.

Wie lagert ihr?
Wir haben kein großes Lager. Es wäre praktisch, aber viele Produkte brauchen und haben ohnehin einen hohen Durchsatz und sollten nicht zu lange gelagert werden, um Risiken des Verderbs zu minimieren. Andere Produkte die zu wenig Absatz fanden, mussten wir aus dem Sortiment nehmen, da wir diese nicht zu lange lagern können, z.B. Mandel- oder Hanföl, diese können einfach nicht zu lange offen angeboten werden. Lebensmittelabfälle wollen wir auf jeden Fall vermeiden.

Wieviele Lieferanten habt ihr?
Wir haben bei 1000 Produkten rund 70 Lieferanten. Da haben wir einen für den Lebensmittelhandel ungewöhnlich hohen Anteil an Lieferanten. Das schafft natürlich einen erhöhten koordinativen Aufwand. Regional und Bio ist für uns dabei am Wichtigsten.

Ist es aufwändig, einen Unverpackt-Laden zu organisieren?
Im Vergleich mit bspw. anderen kleinen Bioläden gibt es Vor- und Nachteile. Durch den Einkauf in Großgebinden können wir günstigere Preise anbieten, wir müssen keine Marken kaufen, ebenso können wir uns stark von Bio-Supermärkten differenzieren. In der Spezialisierung haben wir hier einen Vorteil.
Ein Nachteil ist der große Kostenpunkt für die Spendersysteme in der Einrichtung. Auch um neue Trockenware-Produkte zu platzieren braucht es immer ausreichend Platz und ein Spendersystem dazu.
Aber ich würde sagen, dass ein Unverpackt-Laden heute die wirtschaftlichste Art ist, einen kleinen Bioladen zu betreiben! Wir kaufen große Mengen unverpackt. Das macht einen niedrigeren Einkaufspreis. Wir brauchen keine Marken, uns kümmert alleine die Qualität.

Wie sieht eure Preisgestaltung aus?
Von den Preisen her können wir uns mit anderen Bioläden und Bio-Supermärkten vergleichen. Teilweise haben wir auch günstigere Preise. Vor allem auch deswegen, weil wir viele Lebensmittel in Großgebinden beziehen können.

Welche abschließenden Tipps kannst du Bäuerinnen und Bauern geben, die ihre Produkte gerne selbst unverpackt weitergeben möchten?
Wichtig ist es, bei unverpackt ein System anzubieten, damit das Gebinde wiederverwendet werden kann. Ebenso ist es wichtig, gut mit den Kunden zu kommunizieren, dass die Kunden Gefäße selbst mitnehmen sollen. Ich denke, am Land ist dieses System sogar leichter umzusetzen.

Gibt es Produkte die ihr noch benötigt?
Grundsätzlich sind Bio-ProduzentInnen gesucht, die Produkte im Pfandglas anbieten. Da haben wir uns teilweise schwer getan, gewisse Produkte zu finden. Auch Getreidemilch wäre sehr gefragt. Mit Trockenware sind wir schon relativ gut versorgt. Es muss halt ein Pfandsystem sein.

Was liegt dir zu diesem Thema sonst noch am Herzen?
Es gibt viel Potential in diesem Bereich. Ich möchte auch bäuerliche Betriebe dazu ermutigen, denn gerade wenn Produzent und Verkäufer derselbe Betrieb sind, bietet sich ein Unverpackt-System sehr an. Da hier viele Produkte ja oftmals noch unverpackt gelagert werden. Mit einem entsprechenden Unverpackt-System kann man hier relativ einfach verpackungsfrei Produkte verkaufen. Das geht bei vielen, aber auch nicht bei allen Produkten.

Andrea Lunzer ist gerne bereit, Interessierte im Bereich verpackungsfreier Lösungen zu beraten.
Homepage: www.mass-greisslerei.at
Kontakt:

Weitere Infos zum Thema

www.zerowasteaustria.at