Qualität von Pflanzkartoffeln: Worauf ist zu achten?

© Josef Söllinger, AGES

Neben der Wahl einer passenden Sorte bildet die Verwendung und Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigem Pflanzgut eine entscheidende Basis für eine erfolgreiche Ernte. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen und worauf der Biobauer achten soll, lesen Sie nachfolgend.

Die Qualitätsanforderungen an Pflanzkartoffeln sind breit gefächert. Diese lassen sich in äußere und die innere Qualitätsfaktoren unterteilen. Zur inneren Qualität zählen Kriterien wie die Sortenechtheit und Sortenreinheit, die Pflanzgutgesundheit, der physiologische Zustand und der Stärkegehalt.

Im Rahmen der Pflanzkartoffelzertifizierung wird mittels Bodenuntersuchungen, Feldbesichtigungen, Laboranalysen und Partieprüfungen die Einhaltung dieser Kriterien geprüft.

Äußere Qualität

Die Anforderung an die äußere Qualität von Kartoffelpflanzgut besteht im Wesentlichen in der Freiheit von visuell erkennbaren Krankheitssymptomen sowie von Beschädigungen und Deformationen. Die Tabelle zeigt die Mindestkriterien, welche zertifiziertes Pflanzgut zu erfüllen hat. Werden diese eindeutig überschritten, kann oder soll man reklamieren. Um Ansprüche zu wahren, ist die Ware bei oder unmittelbar nach der Lieferung auf mögliche Mängel zu überprüfen.

Rasch reklamieren 

Ein repräsentatives Muster ist aus mehreren Gebinden zu entnehmen und anschließend zu waschen, um etwaige Mängel eindeutig erkennen und ansprechen zu können. Für einen ersten Überblick reichen zumeist etwa 100 Knollen, bei kritischen Partien sollte die Probe circa 20 Kilo beziehungsweise 200 Knollen umfassen. Die Grenzwerte beziehen sich auf das Gewicht. Reines Auszählen ergibt zwar zumeist einen guten Näherungswert, für ein genaues Ergebnis muss aber eine Wiegung erfolgen. Eine Reklamation hat rasch zu erfolgen, unter Umständen ist eine unabhängige Erhebung erforderlich.

Zur Überprüfung der Sortierung benötigt man entsprechende quadratische Schablonen. Gemäß den Anerkennungsmethoden dürfen maximal jeweils drei Gewichtsprozent die am Etikett angegebenen Sortierungsgrenzen unter- oder überschreiten. 

Im Bigbag gelieferte Ware sollte rasch entleert werden. Bleibt das Pflanzgut längere Zeit in diesen Gebinden, kommt es vor allem auf Grund mangelhafter Durchlüftung zu Qualitätseinbußen. Dies gilt grundsätzlich auch für Jutesäcke, wenn diese gestapelt werden. Günstige Lagerungsbedingungen bis zum Anbau sind sicherzustellen.

Innere Qualität

Zu den inneren Qualitätsfaktoren zählen im Wesentlichen die Merkmale Sortenechtheit und -reinheit sowie das breite Spektrum der Pflanzgutgesundheit: 

  • Virosen: Insbesondere das Blattrollvirus und das Y-Virus haben großes Schadpotential und sind deshalb von Bedeutung. Die Grenze für Z-Pflanzgut liegt bei insgesamt 10 Prozent. Die Überprüfung erfolgt im Labor mittels PCR-Test. Mögliche Reklamationen müssen zeitgerecht erfolgen, da ansonsten pflanzgutbürtiger Befall nicht mehr von vektorübertragenen Feldinfektionen unterschieden werden kann.
  • Freiheit von Quarantäne-Schaderregern (Kartoffelzystennematoden, Schleimkrankheit, Ringfäule, Kartoffelkrebs): Im Anerkennungsverfahren wird besonderes Augenmerk auch auf diese Erreger gelegt. Es gilt absolute Nulltoleranz! Auftreten und Verbreitung führen zu ernsthaften Konsequenzen und Problemen.
  • Weitere bakterielle Erreger, insbesondere die Gruppe der Schwarzbeinigkeitserreger. Im Rahmen der Feldanerkennung werden diese erfasst. Ein zuverlässiger Nachweis im Labor erweist sich als schwierig. 
  • Stolbur-Welkekrankheit: Befallene Knollen sind triebschwach und bilden häufig Fadenkeime aus. 
  • Eine Prüfung des Keimverhaltens kann relativ einfach durchgeführt werden, indem ein repräsentatives Muster von beispielsweise 50 Knollen bei Zimmertemperatur aufgestellt und beobachtet wird. Dies soll nicht zu früh geschehen, die natürliche Keimruhe der Partie muss bereits beendet sein. Diese ist je nach Sorte sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Die genannten Parameter können visuell kaum überprüft werden. Bei zertifiziertem Pflanzgut ist davon auszugehen, dass dieses im Rahmen des Anerkennungsverfahrens umfassend getestet wurde. Mögliche Mängel treten zumeist erst im Feldbestand zu Tage und sind dann ehestmöglich zu reklamieren oder von unabhängiger Stelle bestätigen zu lassen. Liefernachweise sowie das amtliche Etikett sind aufzubewahren.

Physiologischer Zustand 

Ein weiterer Teilaspekt der inneren Qualität ist der physiologische Zustand oder das physiologische Alter des Pflanzgutes. Wesentlichen Einfluss darauf haben die Aufwuchs- und Temperaturbedingungen im Vermehrungsbestand und die Verweildauer am Feld nach der Abreife. Da es wärmer wird, gewinnen eine zeitgerechte Ernte und optimierte Lagerbedingungen an Bedeutung. Zudem können Ernteverzögerungen zu verstärktem Befall durch Rhizoctonia, Drahtwurm, etc. führen. Nicht erforderliche Sortier- und Manipulationsschritte während der Lagerperiode sollten unterbleiben.

Der physiologische Zustand einer Pflanzgutpartie hat unmittelbaren Einfluss auf des Keimverhalten und in weiterer Folge auch auf die Vitalität und Triebdichte im Feldbestand.

Im schlechtesten Fall verliert physiologisch altes Pflanzgut, welches womöglich mehrfach abgekeimt wurde, die Fähigkeit zur Ausbildung von triebbildenden Keimen. Fadenkeimigkeit kann, ähnlich wie bei Stolbur, auch hier die Folge sein.

Eine gezielte Vorbereitung des Pflanzgutes bringt Vorteile, ist aber auch mit Unsicherheiten verbunden:

  • Die Vorgeschichte und damit der physiologische Zustand von zugekauftem Pflanzgut sind mitunter schwierig zu beurteilen. Je früher man die Ware bezieht, umso größer sind die eigenen Einflussmöglichkeiten. 
  • Die zum Teil sehr deutlich ausgeprägten Sortenunterschiede erfordern eine gute Sortenkenntnis. 
  • Besonders keimruhige Sorten sollen zur Ausschöpfung des Ertragspotentials jedenfalls in Keimstimmung gebracht werden.
  • Die Vorbereitung ist auf einen bestimmten Anbauzeitpunkt gerichtet. Kommt es witterungsbedingt zu Verschiebungen, muss die Ware unter Umständen wieder „gebremst“, das heißt gekühlt werden.

Der Stärkegehalt ist ein weiterer Faktor der inneren Qualität. Gut ausgereiftes Pflanzgut weist in der Regel höhere Vitalität und Triebkraft und damit ein höheres Ertragspotential auf. 

Kontrolliert lagern

Qualitativ hochwertiges Pflanzgut ist eine entscheidende Erfolgskomponente im Kartoffelbau. Die beeinflussenden äußeren und inneren Qualitätsfaktoren sind zahlreich und vielfältig. Mit der Wahl von zertifiziertem Pflanzgut ist in der Regel eine hohe Qualitätssicherheit verbunden. Mittels kontrollierter Lagerung und gezielter Pflanzgutvorbereitung nimmt auch der Betrieb entscheidenden Einfluss auf die Qualität. 

Autor: DI Josef Söllinger, Institut für Saat- und Pflanzgut, Pflanzenschutzdienst und Bienen, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Linz

Tabelle: Anforderungen an die äußere Qualität von Z-Pflanzgut

Art der Knollenkrankheit/
des Knollenmangels
Maximal zulässiger 
Anteil in Gewichtsprozent 
1 Erde, Fremdstoffe≤2
2 Trocken- und Nassfäule≤0,5
  davon Nassfäule≤0,2
3 Deformierte, beschädigte Knollen≤3
4 Gewöhnlicher Schorf > 33 %
der Oberfläche (OF)
≤5
5 Pulverschorf (> 10 % OF) ≤3 
6 Wurzeltöterkrankheit (> 10 % OF)≤5
7 Dehydrierte Knollen≤1
 Summe aus 2-7≤8
Anmerkung: ad 7:
dehydrierte, geschrumpfte Knollen infolge Wasserverlust, zumeist verursacht durch Silberschorf

Tipp von Ing. Franz Haslinger, BIO AUSTRIA Berater für den Kartoffelbau:

Die Befallsfreiheit von Rhizoctonia solani ist ein wesentlicher Faktor bei Pflanzgut. Eine einzige Pocke an einer Knolle richtet bereits einen qualitativen und wirtschaftlichen Schaden an. Das Pflanzgut sollte daher möglichst ohne Befall sein. Das Saatgutgesetz ist hier zu wenig streng: Denn laut diesem darf jede Knolle einen gewissen Befall haben, erst ab einem stärkeren Auftreten von Pocken darf reklamiert werden. Ich empfehle daher, bei der Pflanzgutbestellung den Satz ‚maximal 20 Prozent der Knollen mit Rhizoctonia‘ hinzuzufügen. Die Pflanzguthersteller akzeptieren in der Regel diesen Passus nach dem ‚Schweizer Modell‘.

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