Umweltbewusstes Vermarktungskonzept der Familie Köberl

Bio-Produkte werden mit dem Lastenrad zu den Kunden transportiert. Das nachhaltige, umweltbewusste Vermarktungskonzept von Familie Köberl erreichte Platz 2 beim BIO AUSTRIAInnovationspreis.

Bäuerin werden, das stand so absolut nicht im Lebensplan der Stefanie Köberl. Kindergärtnerin, Mutter, Ehefrau, Tagesmutter – ja. Aber Bäuerin? Ihre Oma hatte einen Bauernhof, auf dem sie sich zwar gerne aufhielt, die Tiere dort machten ihr jedoch Angst. Aber sind Lebenspläne nicht dazu da, überworfen, abgeändert, evaluiert oder neu überdacht zu werden?

Feuer fangen

Da war nämlich die Landwirtschaft der Schwiegereltern mit den Klassikern Mais, Kürbis, Getreide. Der Sohn Ferdinand hat zwar als Kind fleißig mitgeholfen, Arbeit war ja genug da, aber er hat nur die Arbeiten gemacht, nie den Gesamtprozess gesehen.
Und plötzlich war da die Frage, was machen wir mit der Landwirtschaft? Die erste Antwort war eindeutig und kompromisslos: wenn, dann Bio, sonst nicht. Und dann legten sie los. Zunächst für sich selbst und die Familie. Ein Dinkelfeld von der Größe 20 x 20 Meter, ein paar Hühner. Nur, es sprach sich herum: Bei den Köberls gibt es Eier, Dinkel, Kernöl und Erdäpfel. Also begannen die beiden, im Freundeskreis zu verschenken. Als es sich noch mehr herumsprach, war klar, jetzt müssen wir uns was überlegen.
Der erste Schritt war, dass Stefanie 2017 die Landwirtschaft übernahm und einen Direktvermarktungskurs besuchte. Kuriosum am Rande. Ferdinand hatte sich zwar angemeldet, aber keine Zeit. Also musste sie. Ihr Mann hat zu diesem Zeitpunkt noch Vollzeit gearbeitet und Stefanie hat Feuer gefangen und zwar gewaltig. Sie nennt diesen Kurs heute ihre persönliche Initialzündung.

Ein Lastenrad

Ein weiterer Schritt war, das Lastenrad, das sie für die Familie angeschafft hatten, auch zum Transport der Lebensmittel zu den Kunden zu verwenden. Fast könnte man sagen, ein Schritt ergab sich aus dem anderen. Trotzdem war jeder Schritt wohlüberlegt und sehr genau durchgedacht. Aus den Parametern 5 ha Ackerland, 2 ha Grünland und 2 ha Wald, Lage am Stadtrand, hohe Spaziergängerfrequenz, immer größerer Nachfrage, Lastenrad und hoher Motivation, tolle Lebensmittel zu erzeugen, ergab sich ein Gesamtkonzept, das es zuließ, dass Ferdinand seinen Job im Bereich Erneuerbare Energie an den Nagel hängte.

Es war auch bald klar, dass das Sortiment erweitert werden sollte. Wenn die beiden schon unterwegs sind und zustellen, dann sollen die Kunden in den Genuss weiterer Bio-Lebensmittel kommen. Kontakte waren schnell geknüpft und heute umfasst das Sortiment verschiedene Produkte. Ausgeliefert wird zweimal in der Woche in unterschiedliche Stadtteile. Die Fahrradflotte besteht mittlerweile aus zwei E-Lastenrädern.

Moderne Postler

Das wichtigste an der Direktvermarktung ist für die beiden der Kontakt zu den Kunden. Das beginnt mit dem wöchentlichen Erinnerungsmail. Welche Produkte gibt es die Woche? Was gibt es Neues am Hof? Welche Kulturen wachsen heuer besonders gut? Das Kernöl ist für diese Saison leider aus. Das macht was mit den Menschen, sind Stefanie und Ferdinand überzeugt. Kernöl ist aus? Na, dann gibt es bis zur nächsten Pressung Sonnenblumenöl. Konsumenten schätzen Produkte, die nicht immer verfügbar sind, umso mehr. Sie zittern mit der Ernte mit, fragen nach, wie es den mittlerweile 300 Hühnern in den mobilen Ställen geht, nehmen Anteil am Hofleben. Auch das Reden mit den Menschen während der Zustellung ist zwar manchmal zeitaufwändig – aber für die beiden unumgänglich. Ferdinand ist sogar stolz darauf, so was wie ein moderner Postler zu sein.

Nähe suchen

Als Stefanie voller Euphorie mit der Idee eines Automaten am Hof ankam, hat er strikt verweigert. Lange war ihr nicht klar, warum. Heute versteht sie seine Abneigung zu hundert Prozent, hier fällt der Kundenkontakt weg, das Bio-Produkt wird zur Ware wie Zigaretten und Kaugummis. Da sieht Ferdinand auch die großen Versäumnisse der Landwirtschaft in den letzten 30 Jahren. Die fehlende Nähe zu den Konsumenten, das Nicht-Beziehung aufbauen und die mangelnde Erklärung über Produktion und Produkt. Deswegen sind die nächsten Schritte ein Hofladen, der samstags geöffnet hat und sie für Fragen da sind. Und eine Öffnung des Betriebes als Schule am Bauernhof. Stefanie schließt gerade die Ausbildung dazu ab.
Stichwort Kinder. Ihre drei eigenen, Simon (11), Moritz (9) und Johanna (5) sind stolz auf das, was die Eltern tun und mischen selbst schon mit. Manchmal auch eigenständig: so haben sich die beiden Buben ein Wagerl gebastelt, es mit Eiern beladen und den nahen Campingplatz besucht. Überflüssig zu sagen, dass sie danach ausverkauft waren.

Was im Sortiment grundsätzlich noch fehlt, ist Gemüse. Zwar gibt es immer wieder mal Zucchini, Gurken und Tomaten aus dem eigenen Garten, aber hier fehlen Zeit und Durchgängigkeit, fehlt jemand, der sich darum kümmert. Und Nudeln. Seit kurzem ist Stefanie stolze Besitzerin einer Nudelmaschine, um den Eierüberschuss im Sommer zu verarbeiten. Ihr Businessplan heißt ausprobieren, verwerfen, aus Fehlern lernen.
Und heute ist Stefanie stolz darauf, wenn es heißt „Die Gredlbäuerin kommt“.

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