Weidehaltung: „Werde mein gesamtes Herzblut in die Waagschale werfen“

Portrait Gasselich Otto
© BIO AUSTRIA / Weinfranz

Wilfried Oschischnig (pr-manufaktur) spricht mit BIO AUSTRIA NÖ und Wien Obmann Otto Gasselich über die „Weidehaltung neu“ und die GAP-Verhandlungen 2020.

Herr Obmann Gasselich, mit der ‚Weidehaltung neu‘ war der Jahreswechsel für viele Biobäuerinnen und Biobauern mit einer großen Sorge verbunden. Konnten Sie eine Übergangslösung erwirken?

Natürlich hätten wir uns alle einen besseren Jahresausklang und Start ins 2020er Jahr gewünscht. Aber mit der Sorge gab es auch viel Zusammenhalt in unserem Verband. So konnten wir gemeinsam mit dem Ministerium eine Übergangslösung erarbeiten. Landwirtschaft und vernünftige Lösungen brauchen ja einen angemessenen Orientierungszeitraum und keine kurzfristigen Stichtage. Deshalb können und werden wir 2020 die Zeit nutzen, um für betroffene Betriebe praktikable Ansätze zu erarbeiten. Mein Ziel lautet: Wer Bio ist, soll Bio bleiben.

Planen Sie für dieses Ziel spezielle Maßnahmen?

Damit haben wir bereits begonnen. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Niederösterreich wurde eine Informationsoffensive mit sechs Veranstaltungen durchgeführt. Zusätzlich wird es praktische Einführungskurse zum Thema „Weide“ geben, direkt auf Betrieben mit unseren Beratern und den Betriebsleitern. Ein Gedankenaustausch, bei dem man sich Wissen und Erfahrungen abholen kann. Die schönste Theorie hilft ja nichts, wenn sie nicht in der Praxis funktioniert. Das gilt auch für den im Sommer und Herbst geplanten Erfahrungsaustausch für Weidebetriebe und –einsteiger. Dort möchten wir zeigen, welche Lösungsansätze bereits von betroffenen Betrieben gefunden wurden.

Die Neuausrichtung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik – die GAP – steht ebenfalls 2020 an. Welche Erwartungen haben Sie hier?

Wichtige Entscheidungen sollten immer aus den richtigen Fragen und Antworten resultieren. Mit ihrem „European Green Deal“ will ja die Kommissionschefin Ursula von der Leyen die EU bis 2050 klimaneutral machen. Also stellen sich bei der Landwirtschaft die Fragen, welche Produktionsform das Grundwasser am besten schützt, den Humus aufbaut, sich für das Klima, die Biodiversität und für das Tierwohl einsetzt? Der Biolandbau ist die logische und wissenschaftlich bewiesene Antwort auf all diese Fragen. Das sind alles Leistungen – ja, unverzichtbare Mehrleistungen für unsere Gesellschaft, die unbedingt wertgeschätzt und honoriert gehören. Der Biolandbau ist ja kein Förderbittsteller, sondern ein Förderer für mehr Lebensmittelqualität, Gesundheit und Umweltschutz.

Durch die Zuwächse an biologischen Flächen gibt es zukünftig ein größeres Angebot am Markt, wie gehen Sie hier vor?

Wichtig ist, dass wir mit unserem BIO AUSTRIA Standard schon vor Jahren ein wertvolles Qualitätsmerkmal geschaffen haben. Das müssen wir den Handelspartnern und den Konsumenten noch konsequenter vermitteln. Um nur ein Beispiel zu nennen: Durch unser Sojaprojekt haben wir heute im Futterbereich eine 100%ige Versorgung mit heimischen Bio-Soja. Das ist europaweit – ja, weltweit einzigartig. Dieses Qualitätsmerkmal geht weit über andere Bio-Labels hinaus und gehört noch besser ins Schaufenster gestellt. Genauso stärken wir mit Marketinginitiativen die Direktvermarktung, in der ja der Bio-Anteil bereits bei über 20% liegt. Heuer wird es zudem eine große Bio-Brotprämierung in NÖ und Wien geben, die Vorarbeiten für die Messe „bio Österreich“ sind schon im Gang, ein eigenes Bio-Praterfest ist geplant und eine Partnerschaft mit der Niederösterreichischen Landesausstellung 2022 fixiert.

Bei den Sojafuttermitteln sind es 100% – wie viele Prozent wollen Sie und Ihr Team von diesem ambitionierten Jahresplan 2020 erreichen?

Bevor wir das verraten, möchten wir auch an dieser Stelle alle unsere Mitglieder herzlich zur Landesvollversammlung am 26. März einladen. Und jetzt zur Frage: Wir werden wie immer 120% geben, damit wir möglichst viel schaffen.