In jedem Samenkorn schlummert eine Pflanze

© Ivo Vögel

Der Lebenszyklus einer Pflanze beginnt und endet im Samenkorn. Welches Potential diese Samenkörner in sich tragen ist gigantisch. Ein wenige Millimeter großer Mammutbaumsamen kann unter idealen Bedingungen über 100 Meter hoch werden und ein Gesamtvolumen von um die 1500 Kubikmeter aufweisen (z.B. General Sherman Tree, Sequoia-Nationalpark in Kalifornien) Die Vielfalt an Pflanzen, welche im Laufe der Sesshaftwerdung des Menschen bis zum heutigen Tage mit Züchtung, Auslese und Zufall entstanden sind, ist kaum bis gar nicht möglich zu Erfassen. Es sind Farben, Formen, Gerüche, Inhaltsstoffe, Geschmacksstoffe etc. an denen gezüchtet und verfeinert wird. Und doch ist diese Vielfalt in Gefahr. Die Ereignisse der letzten Jahre (bereits bewilligte Patente auf Pflanzen) und die derzeitig eingereichten Patentverfahren auf Pflanzen, die aus konventioneller Züchtung stammen, zeigen immer offensichtlicher, dass große, Konzerne laufend die Grundlagen unserer Ernährung mittels Patenten in ihr „geistiges Eigentum“ verwandeln wollen.
Für Hausgärten finden sich in Saatgutkatalogen nur mehr wenige besonders geeignete Sorten. Züchtungsarbeit erfolgt hauptsächlich nur noch Richtung Höchsterträge, maschinelle Beerntbarkeit, Transportfähigkeit und synchrone Abreife. HausgärtnerInnen interessieren sich vielmehr für eine lange Ernteperiode, guten Geschmack und Pflanzen die an den Standort angepasst sind sowie eine gute Widerstandskraft gegen Krankheiten und Schädlinge aufweisen.
Bis vor wenigen Jahrzehnten gab es noch sogenannte „Haus- und Hofsorten“, die mit Haus, Garten und Feld weitervererbt wurden. Ist dies nicht mehr der Fall, gibt es die Möglichkeit mit der Vermehrung von ein bis zwei Sorten im Kleinen zu beginnen. Hierfür sollte die Aufmerksamkeit bezüglich der gewünschten Eigenschaften geschult und sensibilisiert werden. Vielleicht steckt die Vermehrungslust auch noch die Nachbarn an und man hätte mit der Zeit wieder eine Sorten-Auslese, die Standort angepasst ist.
Es ist zwar schon viel Wissen, welches früher automatisch von Generation zu Generation weitergegeben wurde aus der breiten Bevölkerungsmasse verloren gegangen, doch es gibt sie noch immer, Menschen welche „ihre“ Sorten mit Freude weitervermehren und kleine „Samengärtnereien“ betreiben, die ihr Wissen zur Verfügung stellen, welches nur noch abgeholt werden muss.

Die Supermärkte sind voll – unbestritten – das Angebot an Gemüse und Obst ist recht groß, doch täuschen die vielen exotischen Gemüse und Früchte über die Verarmung der Vielfalt heimischer, „alter“ Gemüsesorten recht gut hinweg. Vielfalt ist wichtig und ist es Wert erhalten zu werden.

 

Hierzu eine Buchempfehlung:
Handbuch Samengärtnerei
Sorten erhalten. Vielfalt vermehren. Gemüse genießen
Andrea Heistinger, Arche Noah, Pro Specie Rara
ISBN 978-3-7066-2352-0

 

BIO AUSTRIA Vorarlberg